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Hausaufgaben statt Hausfriedensbruch

Wie Mütter und Väter selbstständiges Lernen stützen können

Viele Eltern wollen ihre Kinder bei den Hausaufgaben unterstützen. Doch nicht immer ist es einfach, das richtige Maß zwischen Hilfe und Anforderung zu finden. Deshalb gibt es oft Ärger um das Erledigen der Hausaufgaben. Klare Vorgaben der Schule können da helfen.

Kinder, Eltern, Hausaufgaben: Oft gibt es Gerangel darum © novemberhase / Photocase
  • Fachwissen
Thema Schule & Leben , Schule & Leben Autor/in Botho Priebe / Redaktion Veröffentlicht 09.02.2021

Wie Eltern Hausaufgaben begleiten

Nach wie vor halten Lehrerinnen und Lehrer und Eltern überwiegend mit hohen Erwartungen an Hausaufgaben fest. Der „Lernstoff“ der Schule soll mit den Hausaufgaben wiederholt und vertieft werden, verbunden mit der Einübung selbstständigen Lernens.

Doch ist dieses Vertiefen und Wiederholen zuhause wirklich sinnvoll? Insgesamt lässt sich aus der Forschung kein eindeutiges „Pro oder Kontra“ ableiten. Doch es lässt sich sagen, unter welchen Bedingungen Hausaufgaben sinnvoll sind – oder aber kontraproduktiv. Manche Forschende betonen, dass es nicht nötig und meistens auch nicht sinnvoll sei, den Schwerpunkt der heimbasierten Kooperation auf elterliche Hilfe beim Lernen zu legen Vielmehr gebe es andere effektive Formen der Unterstützung des kindlichen Lernens im Alltag einer Familie.

Studien kommen zu dem Schluss, dass elterliche Hausaufgabenhilfe problematisch ist, wenn nicht die Lernprozesse der Kinder vorrangig sind, sondern die Erfüllung schulischer Leistungsanforderungen. Zielen Mütter und Väter auf eine „ergebnisorientierte Kontrolle“, ist das oft mit Druck und Strafen verbunden sein. Die wünschenswerte „prozessorientierte Unterstützung“, die Kinder in ihrer Autonomie fördert, kann nur ein kleiner Teil der Eltern geben. Die Unterscheidung zwischen Prozess-und Produktorientierung lässt sich folgendermaßen charakterisieren:

Merkmale von elterlicher Prozess- versus Produktorientierung bei der Hausaufgabenbetreuung

  Prozessorientierung Produktorientierung
Fokus der elterlichen Unterstützung: selbständige Erledigung der Aufgaben, Aufbau von intrinsischer Motivation richtige, sauber und vollständig gemachte Hausaufgaben
Pädagogisches Verständnis/ Bildungsziele

Erziehung zur Selbständigkeit (Problemlösungskompetenz, Selbstorganisationskompetenz)

Aufbau von Aufbau Frustrationstoleranz

Erziehung zur Pflichterfüllung
Elterlicher Aufwand langfristig abnehmend langfristig hoch
Leistungserwartungen Blick auf das Kind und seine Potenziale, auf Wachstum ausgerichtet an schulischen Anforderungen ausgerichtet

Ganztagsschulen bieten umfassende Möglichkeiten, die „Hausaufgaben“ als „Schulaufgaben“ in den Schulalltag einzubeziehen. Damit ist aber nicht vorrangig die „Beaufsichtigung“ bei den Hausaufgaben in der Schule gemeint. Vielmehr geht es um die intensive Verbindung dieser „Schulaufgaben“ mit unterrichtsbezogener Erarbeitung, Vertiefung und Übung. Ganztagsschulen haben hierfür professionelle „Lernzeitenkonzepte“ entwickelt. In den allermeisten (Halbtags-)Schulen findet aber wohl nach wie vor die überkommene Hausaufgabenpraxis statt. Vielen Eltern bieten Hausaufgaben einen Einblick in die Schule: Sie zeigen, welche Erwartungen die Schule an ihre Kinder hat, wie sie lernen und welche Erfolge wie auch Probleme sie dabei haben, wobei sie Hilfe brauchen und was Eltern für gute Noten und Schulerfolg tun können. Hier ist ein Anknüpfungspunkt für die Erziehungs- und Bildungspartnerschaft zwischen Schule und Familie.

Gutes Beispiel aus einer Ganztagsschule

Es ist ratsam einmal nachzuschauen, welche Erfahrungen und Anregungen Ganztagsschulen mit Lernzeitmodellen an neuen und konstruktiven Vorschlägen zum Thema Hausaufgaben anbieten können, die sich für Anschluss und Übernahme eigenen. Dazu ein Beispiel

Die Petri-Grundschule in Dortmund ist eine Offene Ganztagsschule (OGS) und hat zusätzlich zum Stundenplan wöchentlich zwei Stunden Lernzeit eingeführt, die immer von Lehrkräften und Betreuer/-innen begleitet werden, um die Kinder in ihrer Lernentwicklung intensiver wahrzunehmen, fördern und fordern zu können. Das Konzept umfasst neben den Lernzeiten in der Schule eine „Lernzeit zu Hause – 15 Minuten PLUS“ mit Aufgaben, die an die schulischen Lernzeiten anschließen und von den Eltern mit ihren Kindern verantwortlich gestaltet werden. Die Lehrkräfte ermuntern die Kinder, täglich „15 Minuten PLUS“ zu Hause selbstständig zu arbeiten, Gelerntes zu üben und für Arbeiten zu lernen.

Den Eltern gibt die Schule „Tipps für die 15 Minuten PLUS-Aufgaben“:

  • Achten Sie darauf, dass Ihre Kinder von Anfang an die 15-Minuten-Aufgaben selbstständig erledigen. Bleiben Sie in der Nähe Ihrer Kinder aber sitzen Sie nicht neben ihnen.
  • Finden Sie gemeinsam mit Ihren Kindern die ideale Zeit für die 15-Minuten-Aufgaben.
  • Achten Sie darauf, dass Ihre Kinder für die 15-Minuten-Aufgaben einen festen und störungsfreien Arbeitsplatz haben.
  • Achten Sie bitte auf eine ordentliche Mappen- und Heftführung.
  • Bitte fertigen Sie nicht selbst Aufgaben für Ihre Kinder an.
  • Haben Sie Geduld.
  • Trauen Sie Ihren Kindern etwas zu.
  • Trauen Sie sich, uns Lehrkräfte zu fragen.

Eltern sind hier sehr klar als mitverantwortlich für die Lernprozesse ihrer Kinder angesprochen bei klarer Differenzierung zwischen Schulverantwortung und Elternverantwortung.

Zukunft der Hausaufgaben

Mit der Abschaffung traditioneller Hausaufgaben ist es nicht getan. Sie können und müssen von klugen, innovativen Lernzeitkonzepten zur individuellen Förderung abgelöst werden, bei denen auch neue Hausaufgabenformate als Lernaufgaben einbezogen sind.

Die Corona-Krise mit mehr oder weniger gelungenen digitalen häuslichem Lernen macht deutlich, dass bei Hausaufgaben- und Lernzeitkonzepten die Anforderungen, Möglichkeiten aber auch die Grenzen digitalen Lernens intensiv einbezogen sein sollten.

Ohne intensive Elternbeteiligung geht es nicht! Mütter und Väter müssen einerseits für Lernzeitkonzepte als Alternativen zu den aus der eigenen Schulzeit bekannten und „vertrauten“ Hausaufgaben gewonnen werden und andererseits in ihre Mitverantwortung für die Lernerfolge ihrer Kinder einbezogen werden.

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Lernende Schule Nr. 92/2020 Eltern

Die Bedeutung der Eltern für den Schulerfolg ihrer Kinder ist weit größer als vielfach angenommen. Darum sind Zusammenarbeit und wechselseitiges Verständnis für Erziehungs- und Bildungsprozesse unabdingbar. Dies galt schon immer. Doch unter dem Zeichen der Corona-Pandemie mit Quarantäne, Hygieneregeln und Anforderungen an die Digitalisierung sowie der notwendigen Kommunikationen wurden viele Aufgaben wie selbstverständlich den Elternhäusern zugewiesen.

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