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Reform des Wahlsystems

Die Sitze im Bundestag: 598 plus 111 gleich zu viel

Um Machtfragen geht es im politischen Praxisbeitrag von Volker Best und Christine Kunisch „Reform des Wahlsystems“. Hier werden spielerisch und simulativ Zahlen und Machtverteilung im Wahlrecht  thematisiert. Sie greifen die Relevanz des Themas für die Demokratie in Deutschland insbesondere mit der Diskussion zur Verkleinerung des Bundestages auf.

Blick von der Besuchertribüne des Deutschen Bundestags
Blick von der Besuchertribüne des Deutschen Bundestags , © Perekotypole/shutterstock.com
Material & Downloads zu diesem Beitrag
M1 Wohin geht die Klassenfahrt?
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Thema Systeme & Ordnungen
Fach Unterricht Wirtschaft + Politik
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Schuljahr 9 – 13
M2 Wählen – mit System!
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Schuljahr 9 – 13
M3 Die Wahl des Bundestags und die Zahl seiner Sitze
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Fach Unterricht Wirtschaft + Politik
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Schuljahr 9 – 13
M4 Lässt sich der Bundestag „kleinkriegen“?
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Fach Unterricht Wirtschaft + Politik
Beitragsart Unterrichtsreihe
Schuljahr 9 – 13

aus: Unterricht Wirtschaft + Politik Nr. 1 / 2021

Wirtschaft und Politik in Zahlen

  • Unterrichtsreihe
  • Schuljahr 9-13
Thema Systeme & Ordnungen, Gesellschaft & Soziales, Zukunftsfragen & Problemfelder Autor/in Volker Best | Christine Kunisch Veröffentlicht 09.03.2021 Aktualisiert 25.08.2022

Volker Best | Christine Kunisch

Die Sitze im Bundestag: 598 plus 111 gleich zu viel

Der spanische Philosoph José Ortega y Gasset schrieb einst, dass das Heil der Demokratien von einer geringfügigen technischen Einzelheit abhinge: vom Wahlrecht. Alles andere sei sekundär.
Lange Zeit galt die für die Wahl des Deutschen Bundestags genutzte personalisierte Verhältniswahl als vorbildliche Verbindung der drei wichtigsten Funktionen von Wahlsystemen (vgl. Nohlen 2014, 395 f.) durch die Grundstruktur der Verhältniswahl (Repräsentations-), die Fünfprozenthürde (Konzentrations-) und die Verknüpfung von Parteien- und Personenwahl (Partizipationsfunktion). Mit der Pluralisierung der Parteienlandschaft traten allerdings zunehmend Defizite des Wahlsystems zutage. Im Kontext des Unterrichtsbeitrags bedeutsam ist v.a. die Zunahme der Überhangmandate, die sich daraus ergibt, dass die tendenziell rückläufigen Zweitstimmenanteile der (ehemals) großen Parteien ihre nach wie vor große Zahl an Wahlkreissiegen immer weniger abdecken. Das Stimmensplitting verschärft die Problematik noch, indem sie einen Anreiz gibt, die Erststimme einer der im Wahlkreis chancenreichen Parteien zu geben. Da die Überhangmandate seit der Bundestagswahl 2013 in Reaktion auf zwei Urteile des Bundesverfassungsgerichts vollständig ausgeglichen werden, ist die Größe des Bundestags 2017 gegenüber der gesetzlichen Sollgröße um 111 auf 709 gestiegen. Aus Legitimitäts- und Effizienzgründen waren sich die Parteien über das Ziel einer Reduktion der Abgeordnetenzahl schnell einig, nicht aber über den Weg hierzu.
Die Qual der Reformwahl
Von der Möglichkeit, Überhangmandate nicht auszugleichen, die das Bundesverfassungsgericht bis zur Größe einer halben Fraktion (auf Basis der gesetzlichen Sollgröße 598, also maximal 15 Überhangmandate) eingeräumt hatte, würde einseitig die CDU/CSU profitieren.
Eine Verrechnung von Überhang- mit Listenmandaten anderer Landesverbände derselben Partei würde die Ungleichgewichte, die durch Überhangmandate im föderalen Proporz ohnehin schon entstehen, noch weiter verschärfen, wovon die CDU aufgrund der großen Zahl ihrer Überhangmandate besonders stark betroffen wäre. Überhangmandate der CSU könnten hingegen nicht intern verrechnet werden, weil diese ja nur in Bayern antritt. So die Verzerrung gegenüber dem Zweitstimmenanteil bei der CSU am größten ist (wie 2013), hätte diese Lösung also gar keinen Effekt.
Die schwächsten Wahlkreissieger bei der Mandatsverteilung nicht berücksichtigen zu lassen hieße nicht nur, bestimmte Wahlkreise ohne (direkte) Vertretung im Bundestag zu lassen, sondern tendenziell auch, gerade denjenigen Kandidatinnen und Kandidaten einen Sitz vorzuenthalten, die sich in einem unter den Parteien wirklich umkämpften Wahlkreis tatsächlich aufgrund ihrer Persönlichkeit durchgesetzt haben, während in anderen Wahlkreisen eine bestimmte Partei sowieso immer gewinnt, egal, wen sie aufstellt. Außerdem halten es manche verfassungsrechtlich für nicht haltbar, einen Wettkampf zu organisieren, der letztlich ohne Wirkung auf das Gesamtergebnis bleibt auf jeden Fall dürfte dies das Vertrauen in die Demokratie nicht gerade stärken.
Die Zahl der Wahlkreise zu reduzieren gilt als problematisch, weil diese teilweise schon doppelt so groß wie das Saarland und von den Abgeordneten kaum noch zu „bespielen sind. Um Überhangmandate (weitgehend) zu vermeiden, müsste die Wahlkreiszahl von 299 auf höchsten 240, besser sogar nur 200 abgesenkt werden. Dafür würden kleinere Veränderungen an einzelnen Wahlkreisen nicht ausreichen; bei einer derart umfassenden Neueinteilung des Wahlgebiets würde sich vielmehr das Territorium der meisten Wahlkreise substanziell verändern.
Zur Vertiefung könnten in der Sek.II weitere…
Friedrich+ Wirtschaft & Politik

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