Earth overshot day: Was ist der Erdüberlastungstag?

Mathe for future

Unsere Erde hat eine Verschnaufpause bekommen - gute drei Wochen. Denn der jährlich ermittelte Erdüberlastungstag ist 2020 der 22. August (zum Vergleich: 2019 war es der 29. Juli). Was steckt dahinter und was kann man berechnen? 

Blick auf die Erde aus dem Weltall
Foto: NASA / Wikimedia Commons
  • Unterricht (< 45 Min)
  • Schuljahr 7-10
Thema Modellieren & Problemlösen Autor/in Anne Hilgers Veröffentlicht 27.11.2019

Der Erdüberlastungstag (Earth Overshot Day) ist ein Maß für den enormen Ressourcenverbrauch aufgrund wachsender Wirtschaften und steigender Bevölkerungszahlen - und den damit einhergehenden Folgen für Umwelt und Klima. Wie sehr die Corona-Pandemie auch das wirtschaftliche Handeln gehemmt hat, wird auch an diesem Datum erkennbar. Der Autoverkehr in den Städten ist teilweise auf 50% bis 60% zurückgegangen, noch sehr viel stärker der touristische Flug- und Schiffsverkehr. Doch Umweltschäden und Klimafolgen lassen sich leider nicht so schnell beheben. Der Blick auf Nachhaltigkeit auch bei wirtschaftlicher Erholung bleibt - gerade auch für viele Jugendliche - ein zentrales Thema.

Wichtige Begriffe

Der Erdüberlastungstag ist der Tag, an dem die Menschheit die Menge an Ressourcen verbraucht hat, die sich im Laufe eines Jahres regeneriert. Grundlage für die Berechnungen sind die Daten des Global Footprint Network zum ökologischen Fußabdruck, zur Biokapazität und zur Bevölkerungszahl (für Pro-Kopf-Berechnungen).

Die Biokapazität stellt das "ökologische Angebot" der Natur dar: Nutzbare Ressourcen wie Wasser, Wälder usw.; Land für bebaute Flächen, Kapazitäten zur Aufnahme von Abfällen und von uns freigesetzten Stoffen wie etwa Kohlenstoff.

Der ökologische Fußabdruck repräsentiert die "menschliche Nachfrage". Er gibt an, wie viel Fläche eine Person (oder ein Land / die Welt) benötigt, um ihren Bedarf zu decken – zum Beispiel für Nahrung, Wohnen, Kleidung, Freizeitaktivitäten – und um ihre Abfälle zu neutralisieren. So ist beispielsweise eine gewisse Waldfläche erforderlich, um den CO2-Ausstoß durch Herstellung und Fahren eines Autos wieder in Kohlenstoff und Sauerstoff umzuwandeln.

Sowohl die Biokapazität als auch der ökologische Fußabdruck wird in der Einheit globale Hektar (gha) angegeben. Damit ist ein (fiktiver) Hektar (ha) Land mit einer weltweit durchschnittlichen biologischen Produktivität gemeint.

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Berechnungen und Modellierungen

Schon an den Begrifflichkeiten wird deutlich, dass hinter der Berechnung des Erdüberlastungstages einige Annahmen und Berechnungen stecken. Wenn man also die Biokapazität der Erde und den ökologischen Fußabdruck der Menschheit pro Tag kennt (oder besser: plausibel modelliert), kann man ausrechnen, nach wie vielen Tagen die Menschheit die Biokapazität der Erde "ausgebraucht" hat. Dies ist 2019 am 29. Juli der Fall, also nach 31 + 28 + 31 + 30 + 31 + 30 + 29 = 210 Tagen. Und im Schaltjahr 2020 eben 235 Tage. Bleiben noch 131 Tage, an denen wir mehr verbrauchen und verschmutzen, als wir an Biokapazität zur Verfügung haben.

Um die Biokapazität der Erde zu bestimmen, müsste man von der gesamte Erdoberfläche (Wie viele Hektar sind das?) die "nicht nutzbare Fläche" abziehen, bzw. einen Mittelwert bilden, da nicht jede Fläche gleich gewichtet werden kann. 

So gibt auch die Organisation an: "Der Earth Overshoot Day ist eine Schätzung, kein genaues Datum. Es ist unmöglich, den Tag mit 100 % Genauigkeit zu bestimmen. Anpassungen des Datums für den Earth Overshot Day sind auf überarbeitete Berechnungen zurückzuführen und nicht auf ökologische Fortschritte der Menschheit. Weil sich die Methodik des Global Footprint Network verändert, werden sich die Prognosen verschieben. Jedes wissenschaftliche Modell, das menschliche Nachfrage und natürliches Angebot vergleicht, zeigt den stetigen Trend: Wir liegen weit über dem Budget, und unsere ökologische Verschuldung wird größer." (englisches Originalzitat: hier)

Und im Mathe-Unterricht?

Da das Datum für der Erdüberlastungstag "gerechnet" wurde, gehört es durchaus in den Mathematikunterricht (ab der 8. Klasse). Die Daten sind öffentlich zugänglich (hier) und eignen sich zur Bearbeitung unterschiedlicher Fragen. So kann man etwa die weltweite Biokapazität und den ökologischen Fußabdruck in einer interaktiven Grafik ablesen (das B steht für Billion und meint eine Milliarde), unterhalb der Grafik finden Sie eine Tabelle (englisch), in der die Daten von 1961 bis 2016 gelistet werden. 

Mögliche Fragen sind: 

  • Wie viele Erden benötigen wir, um unseren aktuellen Konsum zu decken? (Oder: Wie oft verbrauchen wir Deutschland in einem Jahr?)
  • Wie ergibt sich der Erdüberlastungstag?
  • Wie viele Erden bräuchten wir, wenn alle Menschen sich so verhielten wie wir in Deutschland?
  • Wie entwickelt sich das Erdüberlastungsdatum weltweit?

Das Thema ist vielschichtig und berührt nicht nur die Mathematik sondern (vor allem) auch die Bereiche Wirtschaft und Politik, Erdkunde, Ethik. Eine vernetzte Welt braucht auch manchmal einen vernetzten Unterricht, über Fächergrenzen hinweg. 

Literatur

WWF: Living Planet Report 2018 (hier)

Umweltbundesamt: Earth Overshoot Day 2020: Ressourcenbudget verbraucht (hier)

Heinz Böer (2019): Was ist der Erdüberlastungstag? - In: mathematik lehren 212, Friedrich Verlag, S. 26 - 29.

Zum Weiterlesen

Unterrichtsideen zur Rolle von Mathematik bei gesellschaftsrelevanten Fragen und dem Bereich nachhaltige Entwicklung: Zum Handeln befähigen (mathematik lehren 212) 

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