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Morphemen auf der Spur

Aufbau einer morphologischen Bewusstheit als Brücke zu einem besseren Leseverständnis

Dass der Leseerwerb Lernende viel Mühe und Ausdauer kostet, gerät oft in Vergessenheit. Eine morphembasierte Leseförderung kann sie durch eine schrittweise Anleitung in ihrem Erwerbsprozess unterstützen und das Lesen erleichtern.

Gegenüberstellung der Wortsegmentierung in phonologische Silben und Morpheme
Gegenüberstellung der Wortsegmentierung in phonologische Silben und Morpheme , Foto: © Verena Kalb
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Silben und Morpheme M1
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Schuljahr 1 – 4
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Schuljahr 1 – 4

aus: Grundschulmagazin Nr. 4 / 2022

Schriftspracherwerb

  • Unterrichtsreihe
  • Schuljahr 1-4
Thema Grundschulmagazin Autor/in Verena Kalb Veröffentlicht 07.07.2022 Aktualisiert 25.08.2022

Verena Kalb

Aufbau einer morphologischen Bewusstheit als Brücke zu einem besseren Leseverständnis

Dass der Leseerwerb Lernende viel Mühe und Ausdauer kostet, gerät oft in Vergessenheit. Eine morphembasierte Leseförderung kann sie durch eine schrittweise Anleitung in ihrem Erwerbsprozess unterstützen und das Lesen erleichtern.

Im Rahmen des vorliegenden Beitrags wird veranschaulicht, wie die Einsicht in morphologische Strukturen beim Leseerwerb, speziell beim sinnerfassenden Lesen, genutzt werden kann. Dabei wird primär der Wortleseerwerb, weiterführend aber auch der Satzleseerwerb, beleuchtet. Untermauert mit Praxisbeispielen wird demonstriert, wie eine morphembasierte Leseförderung aussehen kann, was es dabei zu beachten gibt und welche Hilfsmittel herangezogen werden können.
Morphologie
Gegenstand der Morphologie ist die Untersuchung von inneren Wortstrukturen und die Funktion bedeutungstragender Worteinheiten, die bei der Wortbildung nicht mehr unterteilt werden können (vgl. Röber 2011, S. 446). Diese unteilbaren bedeutungstragenden Einheiten von Wörtern werden als Morpheme bezeichnet. Morpheme, die den lexikalischen Kern eines Wortes bilden, werden als Stammmorphem bezeichnet. So verhält sich beispielsweise das Stammmorphem {spiel} beim Wort <spielen> auch in den davon abgeleiteten Wörtern, wie beispielsweise <verspielt>, grafisch konstant. Grammatische Morpheme, die eine grammatische Funktion erfüllen, können einerseits als Flexionsmorpheme, {t} beim Wort <spielt>, andererseits als Affixe auftreten. Affixe werden wiederum in Präfixe, {vor} beim Wort <vorspielen>, und Suffixe, {er} beim Wort <Spieler>, unterteilt und dementsprechend benannt.
Zusammenhang zwischen morphologischer Bewusstheit und Leseverständnis
Die Lesedidaktik bietet nach derzeitigem Stand zahlreiche Erwerbskonzepte. Ungeachtet dessen bleibt die Morphologie sowohl in der Lesedidaktik als auch in der Forschung ein weitgehend unberücksichtigtes Gebiet und ist nahezu ausschließlich im Orthografieerwerb verankert. Bangel und Müller (2015) weisen jedoch darauf hin, dass bei der Analyse des deutschen Schriftsystems aus der Perspektive des Lesens der Berücksichtigung morphologischer Regularitäten eine bedeutende Rolle zuzuschreiben ist (vgl. S. 19 f.). Das eher tiefe und aufgrund dessen als leserfreundlich einzustufende deutsche Schriftsystem ist gekennzeichnet durch seine Morphemkonstanz, wobei für das sinnerfassende Wortlesen besonders die Stammkonstanz essenziell ist. Denn der Wortstamm gibt Einsicht in die Wortbedeutung und kann somit zur Sinnerfassung führen.
Didaktisierung des Erwerbskonzepts
Im Folgenden wird eine Schrittfolge des Erwerbskonzepts vorgestellt und auf mögliche Stolpersteine in der praktischen Umsetzung hingewiesen.
Beim Schreiben eine Unterbrechung zu machen, bei der kurz innegehalten und sich der Gebrauch von morphologischen Regularitäten bewusst gemacht wird, kann oftmals den Schreibprozess fördern. Für den Lesefluss ist eine Unterbrechung jedoch eher hinderlich, weshalb hinsichtlich des Gebrauchs der morphologischen Bewusstheit ein teilweise anderer Ansatz verfolgt werden muss. In Anbetracht dessen muss eine explizite Förderung das unbewusste Erkennen morphologischer Strukturen in möglichst kurzer Zeit zum Ziel haben.
Wortsegmentierung in phonologische Silben und Morpheme
Um eine rasche und weiterführend unbewusste Erfassung von Morphemen zu ermöglichen, muss den Lernenden zuallererst aufgezeigt werden, dass der Großteil der deutschen Wörter aus mehreren Morphemen besteht. Dabei sollte explizit auf die Unterscheidung…

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