Ein Unterrichtskonzept mit Erklärvideos und Hinweise zu ihrer Auswahl
Jugendliche informieren sich gerne mithilfe von Erklärvideos - auch aus solchen mit fachlichen Fehlern. Dieser Artikel beschreibt ein Workbook, das die Lernenden bei einer reflektierten Auseinandersetzung mit Erklärvideos zur Quantenverschränkung unterstützt. Am Anfang stehen Experimente zur Erzeugung von verschränkten Photonenpaaren und deren Interpretation. Auf dieser Basis suchen die Schüler:innen anschließend problematische Aussagen in einem Erklärvideo. Lehrkräfte finden im Artikel zudem einen Entscheidungsbaum zur Auswahl qualitativ hochwertiger Erklärvideos.
aus: Unterricht Physik Nr.
198 / 2023
Quantentechnologien
Unterricht (> 90 Min)
Schuljahr
10-13
ThemaQuantenphysikAutor/in Stefan Heusler, Malte Ubben und Philipp BitzenbauerVeröffentlicht 15.12.2023Aktualisiert 21.12.2023
Stefan Heusler, Malte Ubben und Philipp Bitzenbauer
Ein Unterrichtskonzept mit Erklärvideos und Hinweise zu ihrer Auswahl
Das Thema Quantenverschränkung findet sich inzwischen in einigen Lehrplänen und stößt auch außerhalb des Physikunterrichts auf wachsendes Interesse. Schülerinnen und Schüler stöbern dazu oft im Internet, wenn sie etwa zu Themen wie der Entwicklung von Quantencomputern auf dem Pausenhof mitreden wollen. Aber wie verlässlich sind YouTube-Videos? Im ersten Teil dieses Artikels stellen wir ein Unterrichtskonzept vor, das die Bewertungskompetenz in Bezug auf YouTube-Videos zur Verschränkung stärken soll. Im zweiten Teil stellen wir Forschungsbefunde zu Kriterien vor, nach denen die fachliche Qualität von YouTube-Videos analysiert werden kann.
Gerade beim Thema Verschränkung sind Fragen der Interpretation eine besondere Herausforderung: Es ist zwar möglich, fachlich falsche Aussagen klar zu identifizieren – wie z.B. die Behauptung, Information würde durch Verschränkung mit Überlichtgeschwindigkeit übertragen –, gleichzeitig ist es aber unmöglich, richtige Deutungen zu geben. Wir können lediglich Messergebnisse zur Kenntnis nehmen und möglichst passende Modelle dazu entwickeln. Die Deutung bzw. Interpretation dieser Modelle ist nicht eindeutig und wird bis heute durchaus kontrovers diskutiert (s. z.B. [1]).
Verborgene Parameter oder verschränkter Zustand?
Im Mittelpunkt des hier vorgestellten Unterrichtskonzepts stehen Experimente zur Erzeugung von verschränkten Photonenpaaren. Wesentlich ist dabei der Vergleich von lokal-deterministischen Modellen mit dem Konzept der Verschränkung. Durch die im Unterricht vermittelten Konzepte werden die Schülerinnen und Schüler in die Lage versetzt, selber die fachliche Qualität einiger YouTube-Videos zur Quantenverschränkung zu bewerten und im Unterricht zu diskutieren. Zum vorgestellten Konzept liegen unter https://physikkommunizieren.de/niup-quantenphysik/ Workbooks (s. Ausschnitt in Abb.1) und Videos vor.
Einstieg
Als Unterrichtseinstieg dient folgendes Gedankenexperiment: An einer Fensterscheibe wird der Großteil des Lichts reflektiert, ein kleiner Teil allerdings transmittiert. Da Licht aus einzelnen, abzählbaren Photonen besteht, stellt sich die Frage, was mit einzelnen Photonen an der Glasscheibe passiert: Reflexion oder Transmission?
Die Schülerinnen und Schüler können sich z.B. mit der Think-Pair-Share-Methode mit dieser Frage beschäftigen. Die Antworten werden anschließend im Plenum gesammelt.
Erarbeitung von Deutungen des Gedankenexperiments
Mihilfe eines in die Workbooks eingebundenen Videos erarbeiten die Schülerinnen und Schüler dann einige grundlegende Eigenschaften von Zufall am Strahlteilerwürfel: Auf der Ebene einzelner Photonen bestimmt der Zufall, ob das Photon reflektiert oder transmittiert wird. Im Quantenoptiklabor wird anstelle von Fensterglas ein Strahlteiler genutzt, was zu genau 50 % Reflexion und 50 % Transmission führt. In jedem einzelnen Experiment registriert genau einer der beiden Detektoren ein Signal.
Es gibt dabei einen entscheidenden Unterschied zwischen „klassischem“ Zufall und „Quantenzufall“: Die Ergebnisse an den Detektoren sind ja nicht unabhängig, sondern bedingen einander: Wenn der Detektor „Reflexion“ das Photon registriert, dann muss der Detektor „Transmission“ leer ausgehen, und umgekehrt. Die beiden Detektoren könnten dabei sogar so weit voneinander entfernt sein, dass ein Informationsaustausch innerhalb der Messzeit unmöglich ist.
Im Workbook werden nun zwei mögliche Interpretationen dieses Experiments…
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