Auf der II. Parteikonferenz der SED 1952 erklärte Walter Ulbricht, dass fortan „in der Deutschen Demokratischen Republik der Sozialismus planmäßig aufgebaut“ werden sollte (Mählert 2007, S. 62). Dieser Kurs durchdrang alle gesellschaftlichen Bereiche und ganz besonders die Jugendpolitik. Die 1946 gegründete Jugendorganisation FDJ, die seit Mitte der Fünfzigerjahre eingeführte Jugendweihe oder die Polytechnische Oberschule – sie alle verfolgten das Ziel, „alle jungen Menschen zu Staatsbürgern zu erziehen, die den Ideen des Sozialismus treu ergeben sind“ (Jugendgesetz der DDR vom 28. 1. 1974).
Jugendkulturen in der DDR
Die ‚Aufbaugeneration‘ der ersten Stunde, die den Zweiten Weltkrieg noch miterlebt hatte, folgte den sozia-listischen Idealen der DDR zu großen Teilen noch hoffnungsvoll. Wirtschaftlicher und politischer Stillstand führten jedoch zu einer Desillusionierung, die sich nicht zuletzt im Aufstand vom 17. Juni 1953 Bahn brach. Die Parteiführung bemühte sich ab jetzt verstärkt darum, Kinder und Jugendliche frühzeitig und umfassend in das staatliche Erziehungssystem zu integrieren, um Kritik gar nicht erst aufkommen zu lassen.
Die vom Westen inspirierte Jugendkultur der Sechzigerjahre entsprach jedoch überhaupt nicht diesen Vorstellungen. Für die Partei „unterminierten die langhaarigen Beatfans die sozialistische Moral“ (Mählert 2007, S.106). Die daraus resultierende strenge Reglementierung des Lebensstils erfuhr mit Beginn der Ära Honecker 1971 eine unerwartete Lockerung, als plötzlich Jeans verkauft werden durften und die DDR sich auf den X. Weltfestspielen der Jugend und Studenten „als moderner, fast schon aufgeschlossener Staat“ präsentierte (Mählert 2007, S. 119). Unter der Oberfläche jedoch baute Honecker das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) in großem Stil aus und trieb ab 1978 die Militarisierung der Gesellschaft voran.
Jugendliche Subkulturen fanden zwar ihre Nischen, doch wurden sie strengstens vom MfS überwacht. Erst Ende der Achtzigerjahre, vor dem Hintergrund der Perestrojka und des wirtschaftlichen Staatsbankrotts der DDR, konnten (nicht nur) junge Leute wieder für gesellschaftliche und politische Veränderungen auf die Straße gehen und so die Friedliche Revolution und schließlich das Ende der DDR einleiten.
Lebensweltbezug
Nicht alle jungen Menschen ließen sich vereinnahmen, und einige, die äußerlich angepasst waren, übten dennoch für sich Kritik am System. Die Frage, inwieweit man gesellschaftliche Regeln und Normen für sich übernimmt oder aber sich gegen sie auflehnt, ist eine, mit der sich Jugendliche auch heute auseinandersetzen müssen. Insofern bietet das Thema einen starken Lebensweltbezug für die Schülerinnen und Schüler. Im privaten wie im öffentlichen Raum werden sie damit konfrontiert, wie man ‚zu sein und sich zu geben hat‘ – sei es in der Familie, in Vereinen, in der peer-group, in der Schule oder in kirchlichen Organen. Heutzutage spielen die Medien, allen voran die social media, eine sehr große Rolle bei diesem Prozess der persönlichen, sozialen und politischen Identitätsbildung. Er verläuft häufig über den Anschluss an Subkulturen, mit denen die Jugendlichen zum Ausdruck bringen können, dass sie bestimmte Werte oder Normen in den Fokus rücken oder aber klar ablehnen.
Die Rolle des MfS
Auch wenn Jugendliche im heutigen Deutschland vermutlich nicht immer das Gefühl haben, sich frei entfalten zu können, so kann man dennoch festhalten, dass sie in einem Staat leben, der nach dem…