Jan Vermeers Geograph – was ein Blick verrät

Die Zeit des 17. Jahrhunderts tragen vor allem die künstlerischen wie kulturspezifischen und die für diese Epoche maßgebliche Kenntnis der Welt entscheidend trägt dazu bei, eine Antwort auf Jan Vermeers Geographen zu finden.

Jan Vermeer
Der Geograph , © Peter Horree/Alamy Stock Foto

aus: Geographie heute Nr. 356 / 2021

Ostseeraum

  • Fachwissen
  • Schuljahr 5-13
Thema Bevölkerung & Migration Autor/in Thomas Hoffmann, Marion Hoffmann Veröffentlicht 15.12.2021 Aktualisiert 25.08.2022

Thomas Hoffmann und Marion Hoffmann

Geht der Blick des von Jan Vermeer 1669 gemalten Geographen ins Leere, drückt er Schwermut oder doch tiefe Erkenntnis inmitten intellektueller Anstrengung aus, wie immer wieder diskutiert wird? So unterschiedlich die individuelle Antwort auf diese Frage ausfallen mag, so tragen doch vor allem die künstlerischen wie kulturspezifischen Besonderheiten der Zeit des ausgehenden 17. Jahrhunderts und die für diese Epoche maßgebliche Kenntnis der Welt entscheidend dazu bei, eine Antwort zu finden. Denn auch Vermeers Geograph ist im Sinne des Kunsthistorikers James Elkins als Rätsel zu begreifen, das es zu entschlüsseln gilt.
Aus der Sicht der Kunst
Kunsthistorisch betrachtet steht die Malerei Vermeers in der Tradition der niederländischen Genremalerei, jener Gattung also, die sich der Darstellung des Privaten widmete. Hatte dieses Thema bis ins beginnende 17. Jahrhundert als nicht darstellungswürdig gegolten, so erfuhr es wenig später im „Goldenen Zeitalter der niederländischen Kunst seine Blüte. Mit Werken, die den Betrachtern Einblicke in die Ausstattung von Privathäusern ebenso ermöglichten wie das Beobachten von meist einfachen Menschen beim Ausüben ihrer alltäglichen Tätigkeiten.
Über Jan Vermeer, der schon zu seinen Lebzeiten als Meister des Genrebildes galt, ist kaum etwas bekannt. Er ist 1632 in Delft geboren und dort im Alter von 43 Jahren auch verstorben. Seine Heimatstadt, die ihm den Namenszusatz „van Delft beschert hat, scheint Vermeer kaum verlassen zu haben. Die mageren archivalischen Quellen legen nahe, dass die Betätigung seines Vaters als Kunsthändler mit guten Kontakten zu angesehenen Malern Jan für die Malerei inspirierte. Als Mitglied der Lukasgilde unterzeichnete er stets mit der Bezeichnung „Maler, war jedoch darüber hinaus auch als Kunsthändler und Gutachter für Malerei tätig. Trotz großen Ansehens hinterließ er, als er 1675 starb, seiner Frau und den vielen Kindern nur hohe Schulden der Nachwelt aber 37 Bilder.
Die Themen seiner Gemälde sind meist Interieurs, die häufig bürgerliche Frauen in ihrer häuslichen Tätigkeit zeigen, etwa beim Klöppeln oder Musizieren. Entgegen dieser für Vermeer typischen Motivwahl heben sich „Der Geograph und das ein Jahr zuvor, im Jahr 1668, geschaffene und als Pendant zum Geographen verstandene Gemälde „Der Astronom entschieden ab. Nicht nur dass die Dargestellten Männer sind, sondern vor allem die Tatsache, dass es sich nicht wie in der Genremalerei häufig zu beobachten um die Arbeitswirklichkeit von Handwerkern, Schreibern oder Ärzten handelt, sondern um die Welt der Forschung und des Fortschritts, ist bemerkenswert.
Die Protagonisten der beiden Gemälde verbindet das Interesse, Neues zu erkennen, in der Himmelssphäre der eine und mit Blick auf die Erforschung der Erde der andere (s. Abb. 1 , Abb. 2 ). Die Entscheidung, diese beiden Wissenschaftsgebiete darzustellen, kann nicht losgelöst von Vermeers eigenem Interesse am wissenschaftlichen Fortschritt seiner Zeit getroffen worden sein, zumal beiden Bildern kein konkreter Auftrag zugrunde lag.
Vergleich von Geograph und Astronom
Die beiden seit 1797 getrennten Werke weisen eine Reihe von Gemeinsamkeiten auf, wie das für Vermeer typische von links kommende Licht, und der Blick in den Innenraum eines bürgerlichen, aber nicht über die Maßen wohlhabenden Haushalts. Auffällig ist, dass in beiden Gemälden dieselbe Person dargestellt ist. Doch um wen es sich dabei handelt, bleibt ein Rätsel. Die darum kreisenden Spekulationen reichen von dem Philosophen Baruch Spinoza über den zur…
Friedrich+ Geographie

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