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Geheimnisvolle Andeutungen

Fontanes Kriminalnovelle Unterm Birnbaum

In dieser Novelle erzeugt Fontane ganz ohne jede Detektivfigur und allein durch die ungewöhnliche Aufklärung des Verbrechens eine enorme Spannung. Diese zu erkennen und die Einsichten in Erzählstrategien und ihre Funktionen zu gewinnen, ist Ziel des vorliegenden Modells.

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Die Beziehung zwischen Abel und Ursel Hradscheck
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Thema Literatur
Fach Praxis Deutsch
Beitragsart Unterrichtsreihe
Schuljahr 8 – 10
Welchen Plan verfolgt Abel Hradscheck?
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Thema Literatur
Fach Praxis Deutsch
Beitragsart Unterrichtsreihe
Schuljahr 8 – 10

aus: Praxis Deutsch Nr. 277 / 2019

Theodor Fontane

  • Unterrichtsreihe
  • Schuljahr 8-10
Thema Literatur Autor/in Monika Gross Veröffentlicht 11.09.2019 Aktualisiert 25.08.2022

Monika Gross

Fontanes Kriminalnovelle Unterm Birnbaum

In dieser Novelle erzeugt Fontane ganz ohne jede Detektivfigur und allein durch die ungewöhnliche Aufklärung des Verbrechens eine enorme Spannung. Diese zu erkennen und die Einsichten in Erzählstrategien und ihre Funktionen zu gewinnen, ist Ziel des vorliegenden Modells.

Theodor Fontanes Novelle¹ Unterm Birnbaum, entstanden 1884/85, ist eine ungewöhnliche Kriminalgeschichte. Nicht die Lösung des Mordfalls ist das Thema der Novelle. Vielmehr geht es Fontane um die psychologischen Motive der beiden Täter, um ihre inneren Kämpfe und Ängste. Diese Ausrichtung der Novelle hat Auswirkungen auf die Figurengestaltung. Abel Hradscheck ist kein zum Verbrecher prädestinierter Bösewicht, sondern eine komplexe, mit widersprüchlichen Zügen ausgestattete Figur. Er macht einen gutmütigen Eindruck, verhält sich freundlich gegenüber seiner Kundschaft und seinem Gesinde, seiner Frau Ursel begegnet er warmherzig. Gleichzeitig zeigt Fontane ihn als Spieler und als ichbezogenen Menschen, der seinen eigenen Vorteil stets im Blick behält und der skrupellos einen Mord plant und durchführt, um die drohende Armut abzuwenden. Auch Ursel Hradscheck, die Mittäterin, ist eine differenziert gestaltete Figur. Ihr Dünkel und ihre Eitelkeit verweisen auf eine innere Haltlosigkeit, die sie empfänglich macht für den Mordplan ihres Mannes. Ihre Trauer über den Verlust ihrer beiden Kinder und ihre verständliche Angst vor dem sozialen Abstieg wiederum lösen Mitgefühl beim Leser aus. Fontanes psychologische Zeichnung der beiden Figuren berücksichtigt auch ihre jeweilige Vergangenheit. Abel und Ursel lernen einander in einer Situation kennen, in der beider Leben von Unsicherheit geprägt ist. Ursel war eine fahrende Komödiantin, die krank und elend nach mehreren Jahren Fahrt nach Hause zurückgekehrt war, aber von ihrem Vater verstoßen wurde. Abel, der ein unstetes Leben geführt hatte und sich gar mit Auswanderungsplänen getragen hatte, verliebt sich in Ursel und heiratet sie. Damit dient auch die Verknüpfung ihrer Lebensfäden der späteren Einordnung ihres zum Mord führenden Handelns.
Von besonderer Bedeutung für die didaktische Konzeption des hier vorgestellten Unterrichtsmodells ist der für Fontane charakteristische Einsatz von Andeutungen und Aussparungen. Das Verschwinden des Opfers bringt der Leser zwar sofort mit den angedeuteten Mordplänen von Abel und Ursel Hradscheck in Verbindung. Die Darstellung des genauen Tathergangs bleibt jedoch ausgespart. Und da auch eine Detektivfigur fehlt, die für die Aufklärung des Verbrechens zuständig ist, bleibt dem Leser nichts anderes übrig, als die Umsetzung von Abels Plan mitsamt der von ihm ersonnenen falschen Fährten und seiner Verschleierungstaktik selbst zu rekonstruieren. Somit schlüpft der Leser unweigerlich in die Rolle des Detektivs. Zusätzlich angestachelt wird die natürliche, auf Aufklärung ausgerichtete, Neugier des Lesers noch dadurch, dass die für die Ermittlung zuständigen Instanzen äußerst dilettantisch agieren und sich als blind und unfähig erweisen. Das wiederum hat zur Konsequenz, dass die Beobachtungen der misstrauischen Dorfbewohner für die Orientierung des Lesers umso wichtiger werden. Insbesondere die Figur der alten Jeschke, Hradschecks Gegenspielerin, bleibt beharrlich bei ihrem Verdacht und beeinflusst damit auch die Wahrnehmung des Lesers. Sie lässt sich nicht hinters Licht führen und trägt am Ende indirekt dazu bei, dass die Tat doch noch aufgeklärt wird.
Zur Novelle Unterm Birnbaum
Zur Novelle Unterm Birnbaum
Abel Hradscheck, Gastwirt und Kaufmann im Oderbruchdorf Tschechin, ist in finanzieller Bedrängnis. Er spielt mit seinen Gästen um Geld, er finanziert seiner Frau teure Anschaffungen, er lebt weit über seine Verhältnisse. Am meisten schuldet er dem polnischen Handlungsreisenden Szulski, der ihn mit Wein beliefert. Um drohender Armut zu entgehen, entwickelt er einen…
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