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Bringt die Code Week an die Schulen!

Aktionswochen rund um Programmieren und Tüfteln als Tor in die digitale Welt

Die Gründe, warum sich digitales Lehren und Lernen nur sehr langsam an Schulen etabliert, sind vielfältig. Die Code Week will das ändern. Dabei geht es nicht nur darum, Schüler:innen für Themen aus der Informatik zu begeistern, sondern auch Lehrer:innen die Möglichkeit zu geben, sich digitale Kompetenzen anzueignen.

Spielerisch die digitale Welt entdecken: Kinder und Jugendliche bauen und programmieren in der Code Week Roboter, entwickeln Apps oder löten. © Körber Stiftung
Thema Digitalisierung & Gesellschaft Veröffentlicht 15.11.2022 Aktualisiert 07.11.2022

Jedes Jahr im Oktober engagieren sich Hunderte Menschen und Initiativen europaweit, um Kinder und Jugendliche für die digitale Welt zu begeistern. Die vielen Mitmachangebote, von Lissabon bis Baku, von Trondheim bis Palermo, sind bunt, vielfältig und zum größten Teil kostenlos. Kinder und Jugendliche erhalten die Möglichkeit, spielerisch die digitale Welt zu entdecken, indem sie Roboter bauen und programmieren, aus Obst ein Klavier bauen, Apps sowie Spiele entwickeln oder löten.

Die Altersspanne der Teilnehmenden ist groß: Von 5 bis 18 können Kinder und Jugendliche an der Code Week teilnehmen. So ist auch das breitgefächerte Angebot ausgerichtet. Während beispielsweise die älteren Jugendlichen lernen können, wie man mit Künstlicher Intelligenz die Weltmeere säubern kann, fangen die Jüngsten ganz von vorne an: Was hat Zähneputzen mit Algorithmen zu tun?

Die Code Week wurde 2013 von den Young Advisors for the Digital Agenda Europe ins Leben gerufen – seitdem wird die Bewegung von Ehrenamtlichen getragen. Unterstützt wird sie von der Europäischen Kommission und von einem Team aus ehrenamtlichen Botschafter:innen. Die Code Week ist eine Graswurzelbewegung. Egal ob Schulen, Universitäten, Unternehmen, Bibliotheken oder Museen – als europäische Graswurzelbewegung können alle bei der Code Week mitmachen. 

Die Rolle der Schulen

 Im angebotsstärksten Land der Code Week, der Türkei, haben die Schulen und Lehrkräfte eine aktivere Rolle als in Deutschland. Die meisten Workshops finden in Schulen statt, denn dort hat das Bildungsministerium eine tragende Rolle und wirkt von Anfang an aktiv mit.

Nicht nur werden die Informationen der EU Code Week an die Schulen weitergegeben, vielmehr werden in einem funktionierenden Ökosystem zwischen Universitäten, regionalen Ministerien, ehrenamtlichen Coding- Initiativen und Unternehmen Möglichkeitsorte geschaffen, engagierte Lehrkräfte zusammenzubringen und erste Hürden bei Neueinsteiger:innen abzubauen. Vorkenntnisse bei der Code Week werden nicht benötigt; denn die Aktionswochen bieten nicht nur Kindern und Jugendlichen, sondern auch Lehrkräften einen explorativen Raum, um erste Gehversuche in Sachen Programmierung zu unternehmen.

Im Mittelpunkt dieser dezentral stattfindenden Events steht die Anerkennung von politischen Entscheidungsträger:innen sowie Schulleitungen an die engagierten Lehrkräfte, die die Code Week an die Schulen bringen und so digitale Bildung erlebbar machen. Von den knapp 27.000 Mitmachangeboten in der Türkei fanden die meisten in Schulen diesen Möglichkeitsorten Ideen, Impulse und Anerkennung für das außerordentliche Engagement erhalten haben. Zum Vergleich: Deutschland hat im letzten Jahr erstmals die 1000er-Marke geknackt, allerdings mit wenig schulischen Angeboten.

Von der Türkei können wir also in Sachen Code Week viel abgucken. Besonders die Zusammenarbeit zwischen Behörde, Wirtschaft, Zivilgesellschaft und Lernorte Dritter, wie Bibliotheken, birgt ein großes Synergiepotenzial, um die Code Week nachhaltig in die Schulen zu bringen.

Die Code Week in der schulischen Praxis

Um den Einstieg für Lehrkräfte in die Welt des Programmierens und in die Code Week so einfach wie möglich zu halten, bietet die EU Code Week auf ihrer Webseite kostenlose Infomaterialien und über das Jahr hinweg sowie viele Webinare an. In der DACHRegion (das Gebiet Deutschland, Österreich und Schweiz) gibt es speziell zur Code Week kostenlose Unterrichtsmaterialien und -ideen, die in der Umsetzung ganz leicht und niedrigschwellig sind.

In der Praxis kann das dann so aussehen: Aus dem Politikunterricht wird eine interaktive Schulstunde, mit einem programmierten Quiz zur Europäischen Union oder zum Klimawandel. Im Sprachenunterricht schicken sich die Schüler:innen gegenseitig mittels Binärcodes kleine geheime Botschaften, um spielerisch Vokabeln zu lernen. Die Ideen und Methoden für den Unterricht oder für AGs sind vielfältig und können für alle Schulstufen angepasst werden.

Code Week als Kompetenz- und Unterrichtsentwicklung

Der Einsatz von digitalen Methoden und Tools ist noch immer keine gängige Schulpraxis. Die Gründe dafür sind vielfältig: Zum einen fehlt es den Lehrkräften an Zeit, neben dem Schulalltag an langen Fortbildungen, die mit An- und Abfahrten verbunden sind, teilzunehmen und das Gelernte im Unterricht anzuwenden. Zum anderen verschärfen Herausforderungen, wie die Coronapandemie und der Lehrkräftemangel, das Kapazitätsproblem. Viele AGs oder außercurriculare Angebote in Schulen fallen aus, weil Lehrkräfte anderweitig gebraucht werden.

Zum anderen sind viele engagierte Lehrkräfte in ihren Schulen Einzelkämpfer:innen. Angetrieben mit der intrinsischen Motivation, um den Unterricht oder eine AG mit Coding- Inhalten weiterzuentwickeln, stehen systemische Hürden, und leider in vielen Fällen die Schulleitungen.

Mit den Erfahrungswerten aus dem communityorientierten Austausch mit Lehrkräften entstand im cokreativen Prozess mit der TüftelAkademie, eine kostenlose und niedrigschwellige Onlinefortbildung, die Code Week Starters. Innerhalb von zwei mal zwei Stunden, unterbrochen von einer Woche, um sich selbstständig zu erproben, erhalten die Lehrkräfte praxisorientierte Inputs zu verschiedenen kreativitätsfördernden Tools und jede Menge Hintergrundwissen zu didaktischen Ansätzen und Methoden sowie konkrete Handlungsansätze für den Unterricht.

Zum Schluss erhalten die Lehrkräfte die Möglichkeit, das frisch Gelernte und Know-how direkt bei der Code Week mit ihrer Klasse umzusetzen. Das Ziel ist es, den Lehrkräften das Handwerk mitzugeben, nicht nur zur Code Week, sondern auch für den weiteren Unterricht, denn das selbstständige Machen der Schüler:innen fördert die Kreativität, verknüpft auch die Neugier in Sachen Programmieren und das zu vermittelnde Fachwissen. Die Code Week ist nicht nur ein Zeitraum mit besonders vielen Coding- und Making-Angeboten, aber auch ein Möglichkeitsort, in dem die Lehrkräfte neue Kompetenzen erwerben können, mit ihren Schüler:innen mit digitalen Tools ins Machen kommen und selbstständig Unterrichtskonzepte entwickeln.

Code Week Teachers

Die Lehrkräfte, die an der Onlinefortbildung teilgenommen haben, können als Anschlussmöglichkeit beim offenen Netzwerk „Code Week Teachers“ mitmachen. Über die virtuelle Plattform Discord kommen bundesweit Lehrende zusammen, tauschen sich aus, entwickeln gemeinsam Unterrichtskonzepte mit Coding-Inhalten, stoßen Projekte an und vernetzen sich mit Initiativen, außerschulischen Lernorten, Bibliotheken und Unternehmen aus dem Code-Week-Universum. Die Plattform dient zudem als direkter Kanal zu den Lehrkräften, um auf kostenlose Webinare, (Online-) Fortbildungen und Unterrichtsmethoden hinzuweisen. Sie ist aber auch ein Diskursort für Themen wie zeitgemäße Bildung, neue digitale Arbeitswelten und Berufsorientierung. Die Code Week soll Türöffner für diese Themen sein, denn die Digitalisierung verändert die Arbeitswelt in einem dynamischen Prozess. Wie können also Schüler:innen auf die Anforderungen der neuen Arbeitswelt, mit neuen unbekannten Berufen, vorbereitet werden? Wie sollte sich Unterricht oder die Institution Schule ändern oder die Arbeitsweise der Lehrkräfte?

Digitalisierung greifbar machen

Die digitale Wirklichkeit hat vielleicht durch die Coronapandemie einen kleinen Stupser erhalten, doch kommt sie im schulischen Alltag nur langsam an. In der Community „Code Week Teachers” können Lehrkräfte zum Beispiel an Onlineformaten teilnehmen, um einen Einblick in die digitale Transformation zu erhalten und sich mit der zukünftigen Berufsorientierung zu beschäftigen.

Das Kernstück ist allerdings, die Lehrkräfte in ihren Schulen zum Mitgestalten zu befähigen und zu motivieren. Schließlich zählen sie zu den wichtigsten Multiplikator:innen, um Kinder und Jugendliche als Zukunfts- Macher:innen vorzubereiten.

Aktive Community

Die Code Week bietet Anlass und Raum, Digitalisierung greifbar zu machen, auch in Schulen, im Unterricht oder gemeinsam in außerschulischen Lernorten. Hinter der Code Week steckt ein Netzwerk, eine Community, die das ganze Jahr über aktiv ist und stetig wächst. Weitere Informationen gibt es im Internet unter www.codeweek.de. Neue Mitstreiter:innen sind immer herzlich willkommen!

Die Autor:Innen

Nele Steigerwald und Mustafa Eren sind Programm- Manager bei der Körber-Stiftung in Hamburg. Sie ist Botschafterin für die Code Week in Deutschland und er Ansprechpartner für die Code Week Teachers.

Quelle: bildung+ science 2022

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