Ansicht anpassen

„Auschwitz ist nicht vom Himmel gefallen“

Zum Antijudaismus in den grimmschen Märchen am Beispiel des Juden im Dorn

Dem Antisemitismus und damit dem Genozid an den europäischen Juden ist ein christlich geprägter Antijudaismus vorausgegangen, der sich über Jahrhunderte in der europäischen Geistesgeschichte und Literatur niederschlug. Als ein frühes Beispiel der deutschen Kinderliteratur wird Der Jude im Dorn unter der Ausgangsthese untersucht, dass sich abwertende Vorurteile und Stereotype bereits über erste Lektüreerlebnisse in den Köpfen eingenistet haben.

Der Jude im Dorn, Illustration von Hermann Vogel um 1872
Der Jude im Dorn, Illustration von Hermann Vogel um 1872 , © akg-images / bilwissedition
Material & Downloads zu diesem Beitrag
Gebrüder Grimm: Der Jude im Dorn (1837)
Dateiformate docx pdf
Thema Literatur
Fach Praxis Deutsch
Beitragsart Unterrichtsreihe
Schuljahr 11 – 13
Analyseraster für die Textanalyse DerJude im Dorn (1837)
Dateiformate docx pdf
Thema Literatur
Fach Praxis Deutsch
Beitragsart Unterrichtsreihe
Schuljahr 11 – 13
Der Jude im Dorn – Antijudaismus in den grimmschen Märchen
Dateiformate docx pdf
Thema Literatur
Fach Praxis Deutsch
Beitragsart Unterrichtsreihe
Schuljahr 11 – 13

aus: Praxis Deutsch Nr. 284 / 2020

Märchen in Geschichte und Gegenwart

  • Unterrichtsreihe
  • Schuljahr 11-13
Thema Literatur Autor/in Michael Reichelt Veröffentlicht 09.11.2020 Aktualisiert 25.08.2022

Michael Reichelt

Zum Antijudaismus in den grimmschen Märchen am Beispiel des Juden im Dorn

Dem Antisemitismus und damit dem Genozid an den europäischen Juden ist ein christlich geprägter Antijudaismus vorausgegangen, der sich über Jahrhunderte in der europäischen Geistesgeschichte und Literatur niederschlug. Als ein frühes Beispiel der deutschen Kinderliteratur wird Der Jude im Dorn unter der Ausgangsthese untersucht, dass sich abwertende Vorurteile und Stereotype bereits über erste Lektüreerlebnisse in den Köpfen eingenistet haben.

In seiner Rede auf der Gedenkfeier zum 75. Jahrestag der Befreiung des nationalsozialistischen Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau gab der dreiundneunzigjährige Holocaustüberlebende Marian Turski im Jahr 2020 zu bedenken, dass „Auschwitz nicht vom Himmel gefallen ist. Zu verstehen sind Turskis Worte sicherlich als Appell und Hinweis darauf, dass Jugendliche bereits über Generationen hinweg mit bestimmten Stereotypen aufgewachsen sind, die ihnen vermittelten, dass Personen, die in irgendeiner Weise anders sind, auszuschließen oder zu entfernen wären. Juden galten aufgrund ihrer Religion und Traditionen als prototypische Vertreter eines solchen „Fremdkörpers, der nicht zur Wir-Gruppe, Nation etc. gehörte. Die Ausgrenzung erfolgte dabei schon immer über abwertende Attribute und stereotype Vorurteile, später dann im Antisemitismus über biologistische Metaphern und rassistische Stereotype. Diese Abwertungsstrategien müssen aus heutiger Sicht sicherlich auch als Bausteine dafür gelten, dass so etwas wie der schreckliche Völkermord an dem jüdischen Teil der deutschen bzw. europäischen Bevölkerung überhaupt erst möglich werden konnte.
Neue Erkenntnisgewinne
Obwohl Märchen in aller Regel vor allem in der Vor- und Grundschule und zu Beginn der Sekundarstufe I gelesen und bearbeitet werden, eignen sie sich auch in höheren Klassen, bis hin zur Sekundarstufe II als einen Erkenntnisgewinn befördernden Gegenstand für den Deutschunterricht. Insbesondere für die Epoche der Romantik bilden die zahlreichen Kunst- und Volksmärchen einen sinnvollen Untersuchungsgegenstand ab. Vor allem das Zeitkolorit dieser geistigen und literarischen Epoche kann erarbeitet werden. Damit werden der Einfluss des typischen Erzählstils Wilhelm Grimms und die stilistischen und moralischen Hintergründe hierfür deutlich. Sowohl der literarische Text selbst als auch der Umgang mit diesem sollten im Zentrum des Interesses stehen.
Mittels eines weniger bekannten, aber dennoch repräsentativen Textes aus den grimmschen Kinder- und Hausmärchen, dem Juden im Dorn, soll exemplarisch der Hintergrund der Brüder Grimm als Vertreter der Geistes- und Literaturepoche der Romantik beleuchtet werden. Dabei kann durchaus der Frage nachgegangen werden, ob Auswirkungen eines spezifischen Zeitkolorits auf den Text selbst aufgezeigt werden, das heißt, antijudaistische Tendenzen im Text auf die Einstellung der Autoren selbst bzw. die romantische Epoche als Ganzes zurückgeführt werden können.
Der Jude im Dorn
Die Textfassungen sind unter folgenden Links zu finden:
Zeitkolorit
Der bewusste Einsatz antijudaistischer Stereotype und Vorurteile, wie er auch in den Kinder- und Hausmärchen oder den Grimmschen Sammlungen der Deutschen Sagen (1816/18) vollzogen wird, spiegelt eine Denkrichtung und Weltsicht wider, die einem Großteil der Zeitgenossen der Brüder Grimm innezuwohnen scheint. Die Christlich deutsche…
Friedrich+ Deutsch
Friedrich+ Basic
  • Zugriff auf alle Inhalte deiner Fachzeitschriften
  • 5 Downloads pro Kalendermonat
30 Tage für 1 € testen
Der beliebteste Tarif
Friedrich+ Premium
  • Zugriff auf alle Inhalte deiner Fachzeitschriften
  • unbegrenzte Downloads
  • Podcasts 
  • Alle fachbezogenen Online-Seminare und Selbstlern-Online-Kurse
30 Tage für 1 € testen
Friedrich+ Premium XL
  • Zugriff auf alle Inhalte deiner Fachzeitschriften
  • unbegrenzte Downloads
  • Podcasts 
  • Alle fachbezogenen Online-Seminare und Selbstlern-Online-Kurse
  • Inkl. Friedrich+ Schule & Pädagogik
30 Tage für 1 € testen

Du bist bereits Abonnent:in?

Anzeige
Anzeige

Alle Zeichen deuten darauf hin:
Du bist bereits Abonnent:in oder willst es werden?