Gernot Meier | Andreas Wittmann
Mit Schülerinnen und Schülern den Nutzen und die Gefahren künstlicher Intelligenz für das Menschsein erörtern
Das Thema und der Begriff „Künstliche Intelligenz“1 ist in aller Munde und erlebt zurzeit Zeit einen inflationären Gebrauch. Wenn sich auch nur ein Bruchteil der prophetischen Weissagungen des technischen Fortschritts erfüllte, würden durch künstliche Intelligenzsysteme tiefgreifende existentielle, ethische, aber auch anthropologische Fragen an den Menschen gestellt werden. Die nachfolgende kleine Unterrichtseinheit versucht, die damit zusammenhängenden Probleme für den RU zu thematisieren.
Didaktisch-theologische Einführung
Unsere Arbeitswelt, aber auch unsere Beziehungen zueinander, werden sich verändern. In diesem Kontext ist eine Reflexion im Religionsunterricht im Zeitalter der digitalen Revolution eines der wichtigsten Themen der Zeit. Dabei haben wir vor allem auch historische Vorläufer, denn das Verhältnis von Mensch und Maschine ist schon immer ein unterrichtsrelevantes Thema gewesen. Die digitale Revolution trifft aber nicht nur die Unterrichtsinhalte, sondern auch die Lehrerinnen und Lehrer selbst. Hari Krishna Arya, Direktor der Gyanodaya International School in Hanumangarh Town Rajasthan (Indien) und Mitglied der Microsoft Educator Community, gibt folgenden motivierenden Ausblick auf die Veränderungen in der Schule: „Technologie wird Lehrer nicht ersetzen. Aber Lehrer, die Technologie nicht nutzen, werden durch jene ersetzt werden, die es tun.“2
Das Verhältnis von Geist und Technik war in der europäischen Kultur- und Geistesgeschichte immer wieder ein Ort von Spekulationen, Utopien und technischen Träumen: Sei es beispielsweise der Gott der Schmiedekunst, Hephaistos, und seine Helfer, Julien Offray de La Mettrie („Der Mensch als Maschine“), das „Automatenmotiv“ von E.T.H. Hoffmann und andere aktuelle Philosophien, die versuchen den Menschen als biologische Maschine zu beschreiben. Zu diesen geistesgeschichtlichen Strömungen gesellt sich seit den 1940er-Jahren eine neue (Informations-)Technik und, damit einhergehend, die Hoffnung, alte Träume und Utopien real werden zu lassen. Forscher versuchen Systeme zu entwickeln, die die gleichen intellektuellen Fähigkeiten wie Menschen haben und ggf. darüber hinausgehen.
Um sich ein Bild der gegenwärtigen Diskussion zu schaffen, ist es hilfreich, sog. „starke“ und „schwache“ KI zu unterscheiden, wissend, dass die Unterscheidung bei genauer Anwendung in den nächsten Jahren schwierig wird, aber zur Zeit ein passables heuristisches Modell darstellt. Dieses Modell basiert u. a. auf der Unterscheidung zwischen einfachen und operationalisierbaren Fragestellungen und Problemen und solchen, die meist mit intentionalen Begriffen wie Kreativität, Bewusstsein und Resonanz bestimmt werden. So ist z. B. die Aufgabe eines Navigationsgerätes, die schnellste Route zu finden. Die Aufgabe eines Bild-Erkennungsprogramms ist es, bestimmte Personen auf einem Bild zu erkennen und zu „lernen“, dass Menschen die Haarfarbe ändern, eine Brille oder einen Hut tragen, dass sie aber immer die gleichen Personen sind. Diese Formen der KI sind schon in vielfacher Form Realität und wird an Mächtigkeit enorm zunehmen.
Einige Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die die These einer „starken KI“ vertreten, sind der Meinung, dass es möglich sein wird, Systeme zu schaffen, die die intellektuellen Möglichkeiten von Menschen erlangen oder diese sogar übertreffen können. Diese Art der KI handelt nicht nur auf Anweisung, sondern aus eigenem Antrieb intelligent, flexibel und jenseits von Problemstellungen. Heute noch eine Zukunftsvision, wird diese Technologie in den nächsten 20 – 40 Jahren zunehmend an Bedeutung gewinnen.
Ein Entwicklungsschwerpunkt der künstlichen Intelligenzforschung ist vor allem die Weiterentwicklung neuronaler Netzwerke. Dabei handelt es sich um Computerarchitekturen, die dem biologischen Nervensystem...
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- Thema: Welt & Verantwortung, Mensch
- Autor/in: Gernot Meier, Andreas Wittmann