Gunnar Friege
Analogieexperimente und ihre mediale Darstellung
Als Alternative zu Realexperimenten werden aus verschiedenen Gründen im Themenbereich „Kernphysik/Radioaktivität“ Analogieexperimente eingesetzt. Damit sollen die in Kerncurricula (z. B. [1]) formulierten Kompetenzen wie „Die Schülerinnen und Schüler wenden das Kern-Hülle-Modell an.“, „[…] beschreiben den radioaktiven Zerfall eines Stoffes unter Verwendung des Begriffs Halbwertszeit.“ oder „[…] beschreiben die Vorgänge bei der Kernspaltung und unterscheiden dabei kontrollierte und unkontrollierte Kettenreaktion“ gefördert werden. Insbesondere zum zentralen Begriff Halbwertszeit, aber auch zum Begriff Kettenreaktion oder zum Rutherford’schen Streuversuch existieren Analogieexperimente, die z. T. auch mit digitalen Medien unterstützt oder ersetzt werden können.
Analogieexperimente
Halbwertszeit
Realexperimente im Bereich der Radioaktivität zur Bestimmung der Halbwertszeit im Schulunterricht sind rar (s. den Artikel K3 „Cäsium-Barium-Generator“).
Ein in den vergangenen 20 Jahren recht populär gewordenes Analogieexperiment verwendet den Bierschaumzerfall (s. Kasten 1) und ist auch im Mathematikunterricht im Zusammenhang mit der Behandlung von Exponentialfunktionen sehr beliebt.
Ebenfalls oft eingesetzt werden Würfel zur Bestimmung von Halbwertszeiten, aber auch zur Veranschaulichung von Zerfallsketten [1].
Kasten 1: (Bier-)Schaumexperimente zur Bestimmung von Halbwertszeiten
Kasten 1: (Bier-)Schaumexperimente zur Bestimmung von Halbwertszeiten
Bei diesem Experiment wird Schaum erzeugt und sein Zerfall im Laufe der Zeit dokumentiert (s. Abb. 1
). Es ist eine geeignete schäumende Flüssigkeit (ohne Schaumstabilisator, Schaum mit möglichst einheitlicher Blasengröße) und ein geeignetes Gefäß in Vorversuchen zu finden und die Technik des Schäumens einzuüben. Zu klären ist auch, wie der Schaumzerfall bestimmt und Zeiten gemessen werden.
Mögliche Versuchsdurchführung
Ein (alkoholfreies) Bier wird zügig in einen Standzylinder mit Graduierung eingegossen, etwas abgewartet, bis der Schaum nicht mehr allzu feucht ist, und dann die Zeitmessung mit einer Stoppuhr gestartet. Der Schaumzerfall wird über die Änderung der Schaumhöhe bestimmt, also der Differenz zwischen dem oberen Rand des Schaums und dem oberen Rand des flüssigen Biers. Bei diesem Experiment bietet sich Gruppenarbeit an, da die Zeit sowie zwei Höhenmarkierungen gleichzeitig und in regelmäßigen Abständen gemessen werden müssen.
Der obere Schaumrand ist u. U. schwierig zu bestimmen, da er am Rand „klebt“ und mittig einfällt. Hier helfen eine gute Vorbereitung (u. a. ein sauberer Messzylinder) und Vorversuche; dennoch muss der „obere Rand“ manchmal abgeschätzt werden.
Bierschaumzerfall
Die Verwendung von Bierschaum zur Demonstration eines exponentiell verlaufenden Zerfallsgesetz geht zwar nicht auf Leike [2] zurück, wurde aber weitläufig durch seinen Gewinn des alternativen Ig-Nobelpreises bekannt.
Schäume als komplexes Material verfügen über ein Spektrum unterschiedlicher Eigenschaften. Bei diesem Experiment ist die Biersorte (z. B. ohne Stabilisator), der Zustand der Gefäße (Sauberkeit, Beschaffenheit, …) für den Schaum und auch die Art der Schaumbildung (z. B. durch Kippen, Gaseinströmung) zu beachten. In Vorversuchen wird man hier die richtige Flüssigkeit und Prozedur einüben (s. a. Kasten 1). Übrigens ist kein alkoholfreies Bier oder überhaupt Bier notwendig; es können auch andere schaumbildende Getränke sein, z. B. malzhaltige Kindergetränke.
Kritik an diesem Experiment formulieren u. a. Theyßen [3] und Wilhelm [4], die die Modellierung der Bierschaumabnahme als exponentiellen Zerfall hinterfragen, da sich häufig beispielsweise eine biexponentielle Funktion eher anbietet [4]. Ob und wie weit man derartige Modellierungsaspekte im Unterricht behandeln möchte oder ob die Anpassung an eine exponentielle Funktion „gut genug“ erscheint, hängt von den...
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- Thema: Quantenphysik, Unterricht & Lernen
- Autor/in: Analogieexperimente und ihre mediale Darstellung