Axel Doll | Redaktion
Ikterus: wenn die Haut gelb wird
Beim Ikterus kann neben der Gelbfärbung der Haut, der Juckreiz sehr belastend für Menschen in palliativen Situationen sein. Welche pflegerischen Interventionen es gegen das Jucken der Haut gibt, erfahren Sie im Beitrag.
Ikterus: Was ist das?
Unter Ikterus versteht man eine Gelbfärbung der Haut und Schleimhaut. Er wird daher umgangssprachlich als Gelbsucht bezeichnet.
Ursachen und Entstehung
Die Gelbfärbung entsteht durch Bilirubinablagerungen in der Haut und Schleimhaut. Die Verfärbung der Lederhäute des Auges (Skleren) ist zuerst erkennbar – und zwar ab einem Gesamtbilirubin von 2 mg/ dl. Der Bilirubinstoffwechsel findet in der Leber statt. Daher gibt es einen ursächlich
- vor der Leber (prähepatisch)
- in der Leber (intrahepatisch) und
- nach der Leber (posthepatisch) verursachten Ikterus
Symptome
Typische Symptome des Ikterus sind:
Gelbfärbung der Haut und Schleimhaut
- Juckreiz, nicht in allen Fällen
- Müdigkeit
- dunkler Urin
- heller Stuhl.
Die Gelbverfärbung als Symptom einer Erkrankung ist an sich für die Palliativmedizin kein Kriterium für eine Behandlung. Entscheidend ist, ob die betroffene Person unter dem für eine schwere Erkrankung typischen veränderten Aussehen oder unter Juckreiz (Pruritus) leidet. Dieser kann unter Umständen sehr quälend sein und die Lebensqualität stark einschränken. Die krankhafte Veränderung des Juckreizes ist noch ungeklärt, was die Behandlung deutlich erschwert.
Medikamentöse und operative Behandlung
Ist der betroffene Mensch in einem ausreichend guten Allgemeinzustand, kann eine endoskopische Einlage eines biliären Stents in den Gallengang oder die Papilla vateri erwogen werden, um die Gallestauung (Cholestase) zu beseitigen. Ist keine interne Ableitung möglich, könnte eine sogenannte perkutane transhepatische (Cholangio-)Drainage (PTD/ PTCD) eingelegt werden, um die Gallenflüssigkeit durch die Haut nach außen abzuleiten.
Zur Behandlung des cholestatischen Juckreizes (Pruritus) kommt eine Therapie mit folgenden oralen Medikamenten infrage:
- Sertralin 75–100 mg/d
- Rifampicin 150 – 600 mg/d
- Naltrexon 50 –150 mg/d; dies ist nur bei Patienten ohne Opiattherapie sinnvoll
- Cholestyramin 4–16 g/d; dieses Medikament muss getrunken werden und schmeckt unangenehm; nur sinnvoll bei inkompletter Stenose, d. h. bei gefärbtem Stuhl
- eventuell Sedierung zur Nacht
- Medikation mit Pruritus als Nebenwirkungen sollte überdacht werden (z. B. Opiatrotation).
Pflegerische Interventionen und Beratung
Hilfreich ist es, Hautpflegge und lokale behandlung anzubieten wie
- milde, nicht-alkalische Seifen, rückfettende Waschsyndets, Dusch- und Badeöle
- rückfettende Cremes, eventuell im Kühlschrank kühlen
- Cremes, Lotionen und Sprays mit Harnstoff, Kampfer, Menthol, Polidocanol oder Gerbstoffen
- lauwarmes oder kühles Wasser
- feuchte und kühlende Umschläge
- Umschläge mit Schwarztee oder Stiefmütterchenkraut
- Aromapflege mit gerbenden Ölen wie Zeder, Sandelholz, Lavendel oder Antijucköl (Zusammensetzung: 100 ml Mandelöl, 20 Tropfen Lavendel, 12 Tropfen Bergamotte,
- 1 Tropfen Zeder)
- adäquate, weiche, luftige Kleidung, z. B. aus Baumwolle oder Seide, leichte Decke, eventuell Bettbahnhof
- kühle Räume, eventuell Ventilator.
- Die Aufforderung, nicht zu kratzen, ist meist nicht zielführend. Sinnvoll ist es dagegen, Verhaltensmodifikation anzuregen, z. B.
- Entspannungstechniken wie autogenes Training oder Progressive Muskelentspannung
- Vermeiden von Alkohol, scharfen und heißen Speisen
- Fingernägel kurz halten
- bei starkem Kratzimpuls, Haut reiben statt kratzen
- nächtliches Anziehen von Handschuhen zur Reduktion von Kratzverletzungen
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Literatur
Bausewein, C.; Roller, S.; Voltz, R. (2015): Leitfaden Palliative Care. 5. Auflage. München: Urban & Fischer
Becker, G.; Jaroslawski, K.; Momm, F. et al (2009): Maligner Aszites: Pathogenese, Diagnose und Möglichkeiten der Symptomkontrolle. Z Palliativmed 10:141–153
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Jaroslawski, K.; Siemens, W.; Becker, G. (2014): Maligner Aszites. Pathogenese – Diagnostik – Behandlungsmöglichkeiten. Onkologe; 20:1003-1009
Rémi, C. (Hrsg.) (2015): Arzneimitteltherapie in der Palliativmedizin. 2. Auflage. München: Urban & Fischer
Ständer, S.; Zeidle, C.; Augustin, M.; , Gudrun Bayer, G. et al. (2016): S2k-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie des chronischen Pruritus Leitlinie chronischer Pruritus, AWMF-Reg.Nr.: 013-048; Version 3.0/2016, Stand: 08.05.2016
* Für Angaben und Dosierungsanweisungen und Applikationsformen kann vom Verlag keine Gewähr übernommen werden. Entsprechende Angaben sind vom jeweiligen Anwender im Einzelfall zu überprüfen.