Jürgen Georg | Redaktion
Pruritus – Wissen für die Palliative Care
Pruritus (Hautjucken) ist ein komplexes Symptom. Es kann das Wohlbefinden von Menschen in palliativen Situationen erheblich einschränken. Im Beitrag erfahren Sie, wie dieses vielschichtige Symptom entsteht und welche Pflegemaßnahmen das Jucken lindern können.

In der pflegediagnostischen Literatur wird Pruritus als ein „Zustand, in dem ein Individuum als Reaktion auf einen schädigenden Stimulus eine unangenehme Juckempfindung hat“ (Ackley & Ladwig, 2008; in: Doenges, Moorhouse & Muhr, 2018: 760) beschrieben.
Die Entstehung von Pruritus
Verschiedene Sensoren in der Haut reagieren auf mechanische, chemische oder thermische Reize, z. B. Druck, Temperatur oder Verletzungen. Über Nervenfasern (C-Fasern) wird der Juckreiz über das Rückenmark ins Gehirn geleitet (Ständer & Weisshaar, 2005). Dort wird es zunächst im limbischen System verarbeitet und (als unangenehm) bewertet, bevor es an die Großhirnrinde weitergeleitet und dort gespeichert wird.
Mit Pflegemaßnahmen Pruritus lindern
Die folgenden Interventionen können dazu führen, dass das Jucken aus dem Fokus der Aufmerksamkeit gedrängt und damit weniger stark empfunden wird. Eine besondere Herausforderung in der pflegerischen Begleitung stellen der Umgang mit dem Kratzverhalten der betroffenen Menschen bzw. die Linderung des individuell ausgeprägten Kratzbedürfnisses dar.
Die Pflegemaßnahmen bei von Pruritus betroffenen Menschen in der Palliative Care setzen sich aus Interventionen des Pruritusmanagements, der Hautpflege sowie aus edukativen Ansätzen zusammen. Dabei müssen die Ziele der betroffenen Personen und das Stadium im Krankheitsverlauf berücksichtigt sowie das soziale Umfeld der Menschen einbezogen werden. Pflegende können in Ergänzung zu den Leitlinien der Sektion Pflege der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin (Schwermann et al., 2014) unter anderem folgende Interventionen zur Linderung von Pruritus anwenden:
- Maßnahmen vermeiden, die die Hauttrockenheit fördern, wie z. B. alkoholische Umschläge, Eiswürfelpackungen, häufiges Waschen und Baden, Vermeiden von Kontakt mit irritierenden Stoffen oder Substanzen (z. B. Umschläge mit Arnika, Teebaumöl und Senföl)
- kein heißes und stark gewürztes Essen anbieten, keine größeren Mengen von heißen Getränken und Alkohol anbieten
- Aufregung und Stress für die betroffenen Personen vermeiden
- milde, nicht-alkalische Seifen, rückfettende Waschzusätze oder Dusch- und Badeöle und lauwarmes Wasser für die Körperpflege verwenden; nach dem Duschen / Baden die Haut sorgfältig eincremen
- bei Dermatosen den Körper ohne starkes Reiben abtupfen, da sonst die bereits vorgeschädigte Haut noch stärker verletzt und abgelöst wird
Weitere Pflegemaßnahmen zur Linderung von Pruritus, die möglichen Ursachen des komplexen Symptoms sowie eine hilfreiche Grafik zum pflegediagnostischen Vorgehen finden Sie im Beitrag „Wenn das Jucken kein Ende nimmt …“ in unserer Fachzeitschrift pflegen: palliativ.
Literatur
Doenges, M.E.; Moorhouse, M.F. & Murr, A.C. (2018): Pflegediagnosen und Maßnahmen. 6. Aufl., Bern: Hogrefe Verlag
Schwermann, M. et al. (2014): Juckreiz. Leitlinien der DGP Sektion Pflege (eingesehen 16.05.2020).
Ständer, S. & Weisshaar, E. (2005): Chronischer Pruritus: Eine interdisziplinäre, diagnostische und therapeutische Herausforderung. Deutsches Ärzteblatt, 102(44): 3026 – 3033