Gemeinsam können wir Entlastung schaffen
Wenn ich an das Thema „Agitiertes Verhalten“ denke, fallen mir unterschiedliche Ausprägungen ein. Das Schwierige an dem Thema ist, finde ich, einen Umgang für den Menschen mit Demenz und seiner Umgebung zu finden. Wenn wir jemanden haben, der die ganze Zeit hin- und herläuft oder ständig in einem immer gleichen Rhythmus ruft, dann hat das natürlich Auswirkungen auf die Umgebung. Häufig merkt man einen Übertragungseffekt und die Menschen im Umfeld werden unruhig oder fangen an zu schimpfen.
Ich kannte mal einen Herrn. Er lebte noch mit seiner Ehefrau zu Hause. Er fragte fast den ganzen Tag, immer in einem bestimmten Rhythmus, nach der Uhrzeit. Gleichzeitig versuchte er aufzustehen, was manchmal auch klappte. Aber er war sehr unsicher, wenn er alleine laufen wollte. Die Ehefrau hatte Angst, dass er fällt. Sie war ja auch schon älter und hätte ihm nicht helfen können. Und so kam es, dass er hauptsächlich im Sessel saß. Die Ehefrau war vollkommen verzweifelt. Das Schwierige an dieser Situation war, dass ich überhaupt nicht nachvollziehen konnte, was in dem Herrn vor sich ging. Die Demenz war schon fortgeschritten. Das Sprechen ging nur noch bruchstückhaft und ich hatte das Gefühl, dass er auf meine Worte nur bedingt reagierte und sie inhaltlich nicht verstand. Ich habe die Ehefrau gebeten, zu beobachten, wann das Fragen und Aufstehen genau auftritt. Ist das wirklich den ganzen Tag gleichbleibend intensiv? Gibt es Unterschiede in der Intensität und im Tonfall? Gibt es Situationen, in denen dieses Aufstehen und Fragen nachlässt? Das Interessante daran war, dass diese „Aufgabenstellung“ an die Ehefrau nicht nur Erkenntnisse über das Verhalten des Ehemanns zutage förderte, sondern sich auch positiv auf die Ehefrau auswirkte. Sie hatte eine Aufgabe und stellte plötzlich fest, dass das Fragen morgens deutlich seltener auftrat als nachmittags. Das auch nach gelegentlichen Spaziergängen mit dem Sohn diese Fragerei und das Aufstehen zurückgingen. Das hatte sie in ihrer Anspannung gar nicht mehr wahrgenommen. Jetzt war ein Ansatzpunkt gefunden und die Familie hat einen Dienst engagieren können, der mit dem Mann regelmäßig einen Spaziergang machte. Durch die genaue Beobachtung haben wir gemeinsam etwas entwickelt, was natürlich primär dem Ehemann zu helfen schien. Aber auch die Ehefrau wurden entlastet und die Frage nach einem Heimeinzug konnte in dieser Situation nach hinten verschoben werden.