Ingmar Saal
Utopische Stadtentwürfe als Planspiel und Modell
Wie stellen sich Kinder die Stadt der Zukunft vor? Das hier vorgestellte Unterrichtsbeispiel befasst sich mit den Grundlagen der Stadtplanung und entwickelt die Vorstellungen der Kinder in einem Planspiel.
Die Unterrichtssequenz in der 5. Klasse erstreckt sich über acht Doppelstunden. Als Ergebnis entsteht eine fantasievolle Modellstadt.
Ein wiederkehrendes Moment in den Konzeptionen der Lernenden ist die Vorstellung, dass in der Zukunft die Grenzen der Physik und damit auch die Beschränktheit des eigenen Körpers überwunden werden: Der Sportplatz fliegt, die Einwohner können große Distanzen überwinden, ohne den Boden zu berühren. Substanzen wie Lava werden in andere Stoffe verwandelt usw. Kindliche Träume vom Fliegen treffen hier auf klassische Science-Fiction Motive.
Im Grunde genommen handelt es sich hierbei um Allmachtsfantasien – Mytheme –, die Teil des kollektiven Unterbewussten sind und viele Erzählungen unabhängig von der jeweiligen Zeit und Kultur prägen.
In der fünften Klasse fällt es den Lernenden noch schwer, über ein Gemeinwesen nachzudenken und den Abstraktionsschritt zu leisten, von den eigenen Bedürfnissen abzusehen und die Probleme einer Gemeinschaft zu berücksichtigen. Die „Stadt der Zukunft“ ist deshalb ohne die Vision einer Veränderung der gesellschaftlichen Realität mit ihren sozialen Strukturen und Hierarchien geblieben.
Inhaltliche Vorbereitung
Nach einer praktischen Einführung mit Demonstrationen, wie man die verschiedenen Teile der Stadt aus Papier basteln kann, wird das Thema inhaltlich vorbereitet. Jeder soll folgende Fragen schriftlich beantworten und Stellung beziehen:
- Was findest du gut in deiner Welt?
- Was fehlt dir in deiner Stadt?
- Was würdest du vorschlagen, wenn du Bürgermeisterin oder Bürgermeister wärst?
Positiv bewerten die Kinder „die Vielseitigkeit der Städte“, „dass es „Parks und Spielplätze gibt“. Verbesserungsvorschläge sind: „Mehr Platz und Rechte für die Tiere. Eine Stadt muss tierfreundlich sein“ und „Wir brauchen eine Seilbahn!“
In diesem Alter wird die Gegenwart offenbar überwiegend positiv wahrgenommen. Die Verbesserungsvorschläge beziehen sich auf die individuellen Bedürfnisse der Kinder oder spiegeln die Meinung der Eltern.
Wie kann ich aber überhaupt darauf schließen, was in der Zukunft passiert? Die Schülerinnen und Schüler schlussfolgern, dass Entwicklungen Folgen von Missständen seien, die einer Lösung bedürfen. Dieser Gedanke wird festgehalten, da er ein wichtiger Anstoß für die Planung der Stadt der Zukunft sein soll.
Was gehört zu einer Stadt?
Zunächst überlegen wir, woraus eine Stadt besteht. Dazu schauen wir uns an:
- einen Stadtplan,
- ein YouTube-Tutorial des Spieleklassi-kers Sim-City (https://www.youtube.com/watch?v=7Y8CTNfTU18),
- llustrationen des Great City Map Creators, der Vektorgrafiken von allen Bestandteilen einer Stadt anbietet (https://www.shutterstock.com/de/image-vector/great-city-map-creator-village-farm-346754258).
Der Begriff der Infrastruktur wird definiert. Die Schülerinnen und Schüler sammeln, wer alles in einer Stadt wohnt: Erwachsene und Kinder, Menschen unterschiedlicher Religionen und Kulturen und natürlich auch Tiere.
Die Idealstadt von Le Corbusier
Der Plan Voisin, ein utopischer städtebaulicher Entwurf für Paris von Le Corbusier, illustrierte die theoretischen Überlegungen, die der Architekt in der Charta von Athen formuliert hat (Abb. http://architectuul.com/architecture/view_image/plan-voisin/17931) (vgl. Korby 2005). Ein kurzer Ausschnitt aus der Arte-Dokumentation „Le Corbusier – Das Jahrhundert Le Corbusiers“ (20 : 40min – 21 : 00 Min) bietet sich als Einstieg in eine Diskussion an.
Mit den Fragen „Wie wohnten die Menschen?“, „Warum in Hochhäusern?“, „Wie war der Verkehr organisiert?“, „Wo arbeiteten die Menschen“, „Wie sahen die Grünanlagen aus?“, „Wo spielten die Kinder?“ ist es möglich, die Vorstellungen von Le Corbusier...
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- Thema: Techniken + Gestaltungsmittel, Jugendliche Lebenswelten
- Autor/in: Ingmar Saal