Stefanie Tebben
Virtuelle Tattoos vom eigenen Glücksbringer
Schülerinnen und Schüler einer 5. Klasse zeichnen ihre persönlichen Glücksbringer auf Papier. Fotos dieser Zeichnungen werden dann mit einer Augmented-Reality-App auf die Haut projiziert. Diese Variation einer bewährten Kunstunterrichtseinheit – Schwarz-Weiß-Zeichnung mit Filzstift, Fineliner oder Feder und Tusche – eignet sich modifiziert auch für höhere Klassenstufen.
Was macht einen alltäglichen Gegenstand so besonders, dass er als Talisman genutzt wird? Im Gespräch zu dieser Eingangsfrage bringen die Schülerinnen und Schüler ihr Wissen über Glücksbringer ein – aus Märchen, Fantasy-Geschichten, Filmen oder Computerspielen – und stellen Überlegungen dazu an, was einen solchen Gegenstand auszeichnen muss.
Dinge – subjektive und kulturelle Bedeutung
Zur nächsten Stunde bringen die Lernenden einen Glücksbringer mit in den Kunstunterricht (Abb. 1a u. b ).
In Tischgruppen erzählen sie sich gegenseitig Geschichten zu diesem Gegenstand: Woher stammt er? Seit wann besitze ich ihn schon? In welchen Situationen habe ich ihn bei mir? Warum ist er mir so wichtig?
Im Anschluss wählen die Schülerinnen und Schüler in der Kleingruppe jeweils die interessanteste Geschichte aus, die dann dem Plenum vorgestellt wird.
Anknüpfend an den Aspekt der subjektiven Bedeutsamkeit und die nicht auf den ersten Blick erschließbare Symbolik eines Gegenstandes schauen wir uns zwei Werke von Marcel Duchamp (1887 – 1968) an: das Fahrrad-Rad (1913) und den Springbrunnen (1917). Die Lernenden stellen fest: Ein Gegenstand kann zum Kunstobjekt werden, wenn eine Künstlerin oder ein Künstler ihn auswählt, aus seiner ursprünglichen Umgebung herausnimmt oder ihn in besonderer Weise anderen Menschen präsentiert.
Tattoos – bedeutungsvolle und schmückende Motive am Körper
Einige der Kinder betonen, ihren Glücksbringer immer dabeihaben zu wollen. Das nehme ich zum Anlass, ihnen Fotos von klassischen Glücksbringern – Kleeblättern, Hufeisen usw. – als Tattoo zu zeigen.
Nun entsteht ein lebhaftes Gespräch über den Zweck von Tätowierungen, z. B. als individueller Ausdruck oder Körperschmuck. Aber auch Nachteile werden genannt, denn Tätowierungen lassen sich kaum entfernen, das Tätowieren verursacht Schmerzen und kann zu gesundheitlichen Schäden führen.
Bei der Besprechung der Bildbeispiele ist zwar eine gewisse Faszination zu spüren – deutlicher wird aber die Ablehnung gegenüber einem solchen dauerhaften Eingriff geäußert.
Die Schülerinnen und Schüler berichten nun von temporären Hautverzierungen, wie Klebe-Tattoos und aufgemalten Tattoos mit Hennafarben. Daraufhin stelle ich ihnen die App InkHunter vor, die mittels Augmented-Reality-Technologie zeigt, wie ein Tattoo auf dem eigenen Körper aussehen würde (s. Kasten 1).
Virtuelle Tattoos mit der App InkHunter
Virtuelle Tattoos mit der App InkHunter
Mit der Gratis-App InkHunter (für Android und iOS verfügbar) ist es möglich, virtuell Tattoos – also in 3D und live – auszuprobieren.
Die App bietet fertige Bildvorlagen mit vorgegebenen Motiven in großer Anzahl, die man geordnet nach Themen der Tattoo-Motive und über eine Suchfunktion auf Englisch, z. B. „Nature“, erkunden kann.
Man kann auch eigene Zeichnungen als Tattoo-Motive verwenden, nachdem diese zuvor mit dem Smartphone fotografiert und in der Foto-Galerie des eigenen Geräts gespeichert wurden.
Bevor das Bild als Tattoo auf die Haut projiziert wird, muss die Stelle mit Filzstift oder Kugelschreiber mit drei kurzen Strichen, einer Art neutralem Smiley, gekennzeichnet werden. An genau dieser Stelle lässt InkHunter dann ein virtuelles Tattoo erscheinen.
Es ist möglich, sich selbst zu bewegen, ohne dass das Tattoo „verrutscht“, aber auch, das Tattoo „auf dem Körper“ noch weiter zu bearbeiten, etwa mit dem den Kindern bekannten Pinzettengriff auf dem Touchscreen zu vergrößern, zu verkleinern oder zu drehen.
Bildnerische Praxisphase
Die...
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- Thema: Techniken + Gestaltungsmittel, Jugendliche Lebenswelten
- Autor/in: Stefanie Tebben