Silke Topf / Elke Waldeier-Odenthal
Wie verfasse ich ein Portrait? – Texte schreiben lernen durch die Arbeit mit Modelltexten
Schreibenlernen muss kein mühsames Geschäft sein: Zwar steht es gerade beim Schreiben um die Fähigkeiten der Lernenden mit Unterstützungsbedarf nicht zum Besten, doch die Beschäftigung mit dem Film „La famille Bélier“ ermöglicht in der Einführungsphase motivierenden Unterricht, der auch Lernende aktiviert, die sich bereits abgehängt fühlen.
Die Förderung von Mündlichkeit ist wichtig, doch einen Text auf Französisch zu schreiben, zählt für viele Lernende zu den größten obstacles, die es in unserem Fach zu überwinden gilt. Die Ursachen sind vielfältig: Sie liegen nicht nur in lexikalischen Lücken und fehlendem grammatischem Pensum, sondern rühren auch aus grundsätzlich mangelndem Wissen darüber, wie eigentlich ein Text gebaut ist und funktioniert (also aus fehlender Schreiberfahrung) und aus – teils auch in der Muttersprache – fehlenden Konzepten und Mustern.
Wie ist dem im Unterricht angemessen und konstruktiv zu begegnen? Bei Null anfangen ist in der Einführungsphase mit Blick auf den Zeitpunkt im Sprachenlernprozess (am Ende des Spracherwerbs im Übergang zur Qualifikationsphase) nicht möglich. Aber scaffolds (Lerngerüste) und Modelle, die gerade in vielen Zusammenhängen fremdsprachenbezogen (vgl. Böing 2015, Deharde / Lück-Hildebrandt 2006, Thürmann 2013) oder fachübergreifend (Leisen 2013) diskutiert werden, können auch im fortgeschrittenen Französischunterricht und bei dementsprechend größeren Lücken eine wichtige Brücke sein zum Lernerfolg – im vorliegenden Fall: einem selbst verfassten portrait. Deswegen setzt dieser Beitrag unterrichtlich bei den fehlenden Konzepten und Mustern an. Auch andere für die Oberstufenarbeit zentrale Textsorten bzw. Ausdrucksmuster wie résumé und commentaire lassen sich über die Arbeit mit Modellen (d. h. Textvorbildern) in gleichartiger Schrittigkeit wie hier für das portrait erarbeiten.
Als Beispiel dient im Folgenden die Arbeit mit dem Film „La famille Bélier“, der bereits über die cinéfête 2016 in die Schulen gekommen ist, sich aber auch davon unabhängig sehr gut eig-net für eine inhaltlich anregende Auseinandersetzung mit thematischen Schwerpunkten der Einführungsphase (vers l’âge adulte, être jeune, adolescence, relations parents-enfants, partir / rester, rêves d’avenir). Denn nur ein Unterricht, der inhaltlich aktiviert und anspricht, vermag Lernende mitzunehmen oder wieder hineinzuholen, die sich abgehängt fühlen oder schon ausgestiegen sind.
Ein portrait moral erarbeiten
Im Folgenden soll exemplarisch die Erarbeitung eines portrait moral entwickelt werden, da dies in der Einführungsphase ein erster Schritt sein kann auf dem Weg zur Beherrschung der o. g. Textsorten. Im vorliegenden Fall ergab sich dieser Schwerpunkt darüber hinaus aus der inhaltlichen Arbeit im Rahmen der Reihe „Rester ou partir ? Rêves d’avenir“. Dabei stand vor dem Film die Beschäftigung mit einem Interview und Texten (siehe doc 1) über die Schauspielerin und Sängerin Louane Emera, die den Lernenden aufgrund von Alter und Lebensphase nahe steht und bis vor kurzem in Frankreich durch ihre Musik öffentlich sehr präsent war.
Nach der Arbeit etwa zu einem Chanson von der CD „Chambre 12“ („Avenir“ oder „Jeune“) erarbeiten sich die Lernenden aus Pressetexten (z. B. doc 1) Informationen zu Louane, die sie nach einer ersten gemeinsamen unterrichtlichen Erschließungsphase z. B. in einer Hausaufgabe in eine vorbereitete grille (fdt 1 ) übernehmen. Die Erschließung kann bei Bedarf des Kurses durch Erprobung von Strategien zur Wort- und Texterschließung (5-Schritt-Lesemethode oder auch Lire contre la montre, siehe Blume / Nieweler 2016) erfolgen. Nachdem also der Text erschlossen ist, markieren die Lernenden zu Hause in verschiedenen Farben (z. B. grün: inhaltlich relevante und treffend formulierte Informationen zu Louane, gelb: textstrukturierende und...
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- Thema: Film & Medien, Lernstrategie
- Autor/in: Silke Topf, Elke Waldeier-Odenthal