Otto-Michael Blume
Exilerfahrungen in Maryam Madjidis Roman Marx et la Poupée
Die Beschäftigung mit Maryam Madjidis Roman macht nicht nur deutlich, was Flucht und Exil für die Betroffenen bedeutet, sondern bietet die Chance, Offenheit gegenüber Andersdenkenden als Basis für ein friedvolles Miteinander zu begreifen.
Der 1962 in Kabul geborene und 1984 nach Frankreich geflohene Schriftsteller und Dokumentarfilmer Atiqh Rahimi (prix Goncourt 2008) sagt 2016 über die Bedeutung seiner Exilerfahrung: „L‘exil c‘est d‘avoir un pied perdu sur terre, l‘autre suspendu en l‘air.“1 Diese poetische Aussage fasst in verdichteter Form zusammen, was Maryam Madjidi (s. Kasten 1) in ihrem im gleichen Jahr erschienenen Roman Marx et la Poupée in beeindruckenden Bildern über ihre Flucht als Kind aus dem Iran und das Leben im Exil erzählt (s. Kasten 2). Sie erhielt dafür 2017 den Prix Goncourt du premier roman und den Prix Ouest-France Étonnants Voyageurs.
Unterricht (> 90 Min)
Schuljahr
11-13
Kasten 1 Maryam Madjidi – Biografie
Kasten 1 Maryam Madjidi – Biografie
Originaire de l’Iran, Maryam Madjidi quitte son pays en 1986. Sa famille s’installe en France, à Paris puis à Drancy. Elle entreprend des études de lettres à la Sorbonne […]
Elle enseigne ensuite les lettres et la langue française à des collégiens et lycéens. À l’âge de vingt-trois ans, Maryam Madjidi décide de retrouver son pays natal en y retournant durant l‘été 2003, puis s‘installe plusieurs années en Chine et en Turquie où elle enseigne le FLE (français langue étrangère) avant de revenir vivre en France.
Dès son retour à Paris, elle intervient à la maison d’arrêt de Nanterre pour y enseigner le français aux détenus. Depuis février 2016, elle travaille en tant qu‘enseignante de FLE pour la Croix-Rouge française auprès des mineurs non accompagnés.
Se consacrant à l’écriture, son premier roman Marx et la Poupée paraît en janvier 2017 aux éditions Le Nouvel Attila. […] .2
Kasten 2 Marx et la poupée – Inhalt
Kasten 2 Marx et la poupée – Inhalt
Der stark autobiografisch geprägte Roman besteht aus drei großen Teilen. Zunächst (Première naissance) geht es um die ersten sechs Lebensjahre, welche die Protagonistin Maryam (mal aus der Ich-Perspektive, mal als neutrale Erzählerin in der dritten Person erzählend) in Teheran verlebt. Ihre Eltern sind überzeugte Kommunisten (→ Marx) und erziehen ihre Tochter dahingehend, auf Privateigentum zu verzichten. Maryam soll Spielzeug, das sie u. a. von ihrer geliebten Großmutter geschenkt bekommt, an bedürftigere Kinder abgeben. Daraufhin vergräbt sie ihre Puppe (→ la poupée) und anderes Spielzeug im Garten; die Eltern vergraben später vor ihrer Flucht ebenfalls dort aus Angst vor Repressionen seitens des Systems kommunistische Bücher.
Teil 2 (Deuxième naissance) erzählt von dem schwierigen Neuanfang für Maryam im französischen Exil: dem Leben in einer heruntergekommenen 15m²-Wohnung in der Banlieue, den Problemen mit der französischen Sprache, dem französischen Essen (croissants, fromage puant), der Trennung von der geliebten Großmutter, vom Leiden an dem abrupten Ende alles bisher Normalen und den daraus resultierenden verschiedenen Formen kindlichen Widerstands gegen das neue Leben in der Fremde, vom Heimweh in all seinen Formen. Schließlich akzeptiert sie das Leben im Exil, lernt, spricht und schreibt bald perfekt Französisch, schämt sich nun sogar der Fehler, die den Eltern in der Fremdsprache unterlaufen, negiert vollkommen ihre persischen Ursprünge und stellt sich sogar gegen ihren Vater: „Je n’apprendrai pas le persan.“
Im dritten und letzten Teil überwindet Maryam diese Abgrenzung von ihrem früheren Leben und studiert ein Jahr die persische Schriftsprache und Literatur. Retrospektive, prospektive Überlegungen wie auch poetische Einschübe brechen die Chronologie der Ereignisse immer wieder auf und machen so die Lektüre der Erzählung zu einem spannenden und lesenswerten Erlebnis.
Die Autorin hat 2019 eine leicht verständliche,...
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- Thema: Interkulturelles, Literatur
- Autor/in: Otto-Michael Blume