Bernhard Sieve
Gasgesetze belegen durch Experimente mit Kunststoffspritzen
Das Thema Gase hat, wie im Basis-artikel zu diesem Heft beschrieben, im Unterricht verschiedenste fachliche und fachdidaktische Facetten. Eng verknüpft mit Gasen sind stets die Größen Druck und Volumen sowie deren Abhängigkeit von der Temperatur der Gase. Erstaunlich ist dabei, dass alle (idealen) Gase sich hier annähernd gleich verhalten, unabhängig von ihren sonstigen physikalischen und chemischen Eigenschaften. Und damit ist man schon bei den häufig im Chemieunterricht eher ungeliebten Gasgesetzen [1] (vgl. Tab. 1).
In diesem Beitrag wird herausgestellt, welche Potenziale das Thema Gasgesetze in sich birgt und welche einfachen Mathematisierungsprozesse man sich bei diesem Beispiel für die Beschreibung zunutze machen kann. Gleichzeitig wird die Notwendigkeit einer sachgerechten Veranschaulichung der Gase auf der Teilchenebene vermittelt.
Die Gültigkeit der in Tabelle 1 aufgeführten Gasgesetze für nahezu alle Gase lässt sich nur mit der Modellvorstellung des idealen Gases erklären. Nach diesem Modell bestehen zwischen den Gasteilchen keinerlei zwischenmolekulare Wechselwirkungen und das Eigenvolumen der Gasteilchen ist zu vernachlässigen [2, S. 156]. Beides ist nur dann der Fall, wenn der Abstand zwischen den Gasteilchen sehr groß ist (geringe Gasdichte) und es sich nicht um Gasteilchen mit permanentem oder großem temporären Dipolmoment handelt. Streng genommen gibt es aus dieser Betrachtung keine idealen Gase. Bei den meisten im schulischen Kontext verwendeten Gasen sind die Abweichungen von den genannten Gesetzmäßigkeiten jedoch so gering, dass man näherungsweise vom idealen Verhalten ausgehen kann.
Die Gasgesetze (Tab. 1) beschreiben die Änderungen der Zustandsgrößen Druck, Volumen und absoluter Temperatur bei Gasen. Für ideale Gase lässt sich jedoch mit der allgemeinen Gasgleichung eine Zustandsgleichung beschreiben, in der die Stoffmenge eines Gases einbezogen wird. Es gilt: p · V = n · R · T, wobei R die allgemeine Gaskonstante ist. Diese allgemeine Gasgleichung lässt sich einerseits darunter betrachten, dass man Zustandsgrößen in einer Naturkonstante bündeln kann – der Quotient pV/nT führt stets zur Konstante R – und die Natur sich damit anhand mathematischer Gesetzmäßigkeiten erfassen lässt. Andererseits liefert diese Gleichung für die Gültigkeit der Hypothese von Avogadro einen Beleg und ermöglicht die Ableitung des molaren Volumens, wenn man für eine beliebige Gasportion der Stoffmenge n = 1 mol einen Standarddruck von p = 1000 hPa bei einer Temperatur von T = 273,15 K einsetzt.
Experimentell lassen sich die in Tabelle 1 aufgeführten Gasgesetze gut mit leichtgängigen Kunststoffspritzen belegen, wenn man einen Gasdrucksensor und ein dazu passendes Messwerterfassungssystem verwendet (vgl. Arbeitsblätter 1 – 3 ).
Potenziale und Anwendungen der Gasgesetze
I) Gasgesetze als Anlass der Modellierung auf der Teilchenebene
Das vergleichbare physikalische Verhalten von Gasen zwingt nahezu die Frage nach den Ursachen dieses Phänomens auf. Die Betrachtung des gasförmigen Aggregatzustands auf der Teilchenebene liefert hier einen ersten Erklärungshinweis. Schlüssel für das Verständnis sind die Vorstellung vom Druck als Ergebnis der Zusammenstöße von Teilchen des Gases mit der Wand des Gefäßes bzw. der Membran des Drucksensors sowie die Vorstellung der Veränderlichkeit des Gasvolumens über den Vergleich der Anzahl der Gasteilchen pro Rauminhalt. Dies, verbunden mit dem für Lernende schwer einzusehenden Fakt, dass zwischen den Teilchen nichts als leerer Raum ist (vgl. Problem des „Horror vacui“) [3, 4], kann zu einer anschlussfähigen Modellvorstellung im Sinne des idealen Gases führen (Abb. 1
).
II) Ideale Gase als Werkzeug zur Formelermittlung
Ist die Vorstellung von einem idealen Gas als plausible Erklärung für die Gasgesetze den Lernenden bewusst, können Reaktionen in der Gasphase ein vergleichsweise einfacher...
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- Thema: Stoffe & ihre Eigenschaften
- Autor/in: Bernhard Sieve